: Blutige Bilder im Gerichtssaal
Siebenfacher Mord im China-Restaurant in Sittensen: Polizeifotos vom Tatort zeigen im Prozess die Brutalität der Taten. Strenge Sicherheitsvorkehrungen im Gericht in Stade wegen Hinweisen auf gewaltsame Befreiung eines Angeklagten
Mit Bildern von blutigen Details am Tatort hat im Prozess um den siebenfachen Mord von Sittensen gestern die Beweisaufnahme begonnen. Vor dem Schwurgericht Stade schilderte der erste Ermittlungsleiter der Kriminalpolizei, wo und wie die Opfer des bislang schwersten Verbrechens in Norddeutschland gefunden worden waren. Der dritte Verhandlungstag stand unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen, nachdem das Gericht Hinweise auf eine gewaltsame Befreiung eines der fünf Angeklagten bekommen hatte. Bei dem Blutbad in dem China-Restaurant „Lin Yue“ waren in der Nacht zum 5. Februar das Inhaber-Ehepaar sowie fünf Angestellte erschossen worden.
Die auf einer Leinwand im Gerichtssaal gezeigten Tatortfotos sprachen eine deutlichere Sprache über die Brutalität des Überfalls als die nüchternen Aussagen des Kriminalbeamten. Die Polizeibilder ließen den Eindruck entstehen, dass mehrere der Opfer vor ihrem Tod misshandelt worden waren. Einige waren mit Kabelbindern gefesselt und mit Kopfschüssen getötet worden.
Auch gestern war der Prozess über Stunden von juristischen Auseinandersetzungen zwischen dem Gericht und den zehn Verteidigern geprägt. Erneut rügten die Anwälte unvollständig vorliegende Prozessakten, ihre Anträge auf Unterbrechung des Verfahrens wurden jedoch erneut abgelehnt. Mit dem Hinweis auf die Unvollständigkeit dieser Unterlagen lehnten die Angeklagten Aussagen zum jetzigen Zeitpunkt ab.
Nahezu regungslos verfolgte der 30 Jahre alte Hauptangeklagte die Präsentation der Tatortfotos. Sein ebenfalls des Mordes angeklagter 34 Jahre alter Bruder wirkte dagegen geschockt. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen sowie einem 42-jährigen Mann Mord aus Habgier und zur Vertuschung einer Straftat vor. Zwei weitere ebenfalls aus Vietnam stammende Männer sind wegen Raubes beziehungsweise Anstiftung zum Raub angeklagt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass zunächst ein Raubüberfall geplant war. Als eines der späteren Opfer zu fliehen versuchte, sei die Tat dann eskaliert.
Die Verhandlung stand unter besonders strengen Sicherheitsvorkehrungen. Neben den Hinweisen auf eine gewaltsame Befreiung eines Angeklagten soll es auch Drohungen gegen einen anderen Tatverdächtigen gegeben haben. Neben den Zuschauern wurden auch Anwälte und sogar Richter und Schöffen kontrolliert. Der Prozess wird fortgesetzt. WOLFGANG HEUMER, dpa