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Archiv-Artikel

Der Herausforderer des Post-Chefs

Florian Gerster wird Präsident des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste (NBZ), zu dem sich die Konkurrenten der Deutschen Post zusammengeschlossen haben. Florian Gerster? Genau. Das ist der ältere Bruder der Redakteurin und Moderatorin Petra Gerster vom ZDF. Im Jahr 2004 wurde der frühere Arbeits- und Sozialminister von Rheinland-Pfalz vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement wegen dubioser Beraterverträge vom Sessel des Vorstandschefs der Bundesagentur für Arbeit (BA) geschubst. Mit seiner „Reformwut“, so Kritiker aus Gewerkschaftskreisen, habe er in den Gremien der BA ohnehin nur zu oft „auf Granit gebissen“ und am Ende „nicht viel bewirkt“.

Tief gefallen ist der Sozialdemokrat nach dem Rausschmiss nicht. Eine US-Beteiligungsgesellschaft nahm ihn umgehend unter Vertrag. Für die „Amis“ managte der Orgelmusikliebhaber zunächst den Erwerb von 25.000 Wohnungen, die eine Tochtergesellschaft der BA auf dem freien Markt zum Kauf angeboten hatte. Das war die Eintrittskarte des Berufspolitikers in die Welt der global agierenden Unternehmensberater und Headhunter. Nur ein Jahr nach seinem unrühmlichen Abgang arbeitete er als „Berater“ für Ray & Bendtson. Von Gerster wird dort „Humankapital platziert“, so die Diktion der Firma. Der 58-Jährige betreut speziell Kommunen sowie Bundes- und Landesbehörden und Einrichtungen des Gesundheitswesens, die „Topleute“ für ihre Führungspositionen suchen. Zudem gehört der ehemalige Oberstleutnant als Director Policy Fellows dem Vorstand des privaten Wirtschaftsforschungsinstituts IZA an, dessen Schwerpunkt die Eruierung des Arbeitsmarkts und die „Politikberatung“ ist. Präsident des IZA ist Postvorstandschef Klaus Zumwinkel. Dass Gerster jetzt ausgerechnet zu der in der NBZ vereinigten Konkurrenz der Post wechselt, dürfte dem Postchef nicht schmecken. Und Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) sicher auch nicht. Die neuen Brief- und Zustellerdienste wie PIN oder TNT machen nämlich Front gegen die Aufnahme auch der Briefzusteller in das Entsendegesetz und damit gegen Mindestlöhne in der Branche. Und ihr Frontmann ist ab sofort der Sozialdemokrat Gerster.

„Gesellschaft mit beschränkter Haftung“, heißt eine Publikation des seit 1986 verheirateten Vaters zweier Kinder, der in Mannheim Betriebswirtschaft und Psychologie studierte. Übrigens: In der Regierungskommission zum Umbau der BA rasselte Gerster 2002 mit dem inzwischen in jeder Hinsicht diskreditierten VW-Vorstand Peter Hartz zusammen. Dessen Vorschläge gingen ihm nicht weit genug.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT