: „Das wird echt krass“
Mit jeder Menge Respekt gehen Deutschlands Fußballerinnen ins WM-Viertelfinale gegen Nordkorea, jenem Fußball spielenden Mysterium aus dem finsteren Reich des Kim Jong Il
AUS WUHAN MARKUS VÖLKER
Es macht schon Sinn, die Truppe von Nordkorea einmal ordentlich durchzunummerieren. Drei Kims stehen im Kader, dreimal eine Frau Ri, und wer nun Kong, Hong oder Ho ist, das ist auch nicht immer so einfach zu sagen, zumal sie alle zum gleichen Friseur gehen. Alles in allem kann man da leicht durcheinanderkommen. Silvia Neid und die Spielerinnen der DFB-Auswahl deuten denn auch vorm morgigen Viertelfinale gegen die Asiatinnen (11 Uhr, ARD) wahlweise auf die Nummer zwei oder die Nummer neun, wenn sie Gefahrenherde in der Elf des Gegners benennen wollen. „Die sehen ja alle gleich aus und heißen alle gleich“, rechtfertigt Simone Laudehr ihre Vorgehensweise. „Es herrscht eine Form der Gleichförmigkeit, die sich auch auf dem Platz widerspiegelt“, sagt Ko-Trainerin Maren Meinert.
Die Nummer zwei trägt übrigens Kim Kyong Kwa, eine Mittelfeldspielerin, die wie die halbe nordkoreanische Mannschaft bei der „Sportgruppe 25. April“ gegen den Ball tritt. Die Neun hat Ri Un Suk auf dem Rücken; sie hat die koreanische U20-Auswahl im vergangenen Jahr zum WM-Titel in Russland geführt und wurde in der Partie gegen Nigeria zur besten Akteurin der Partie gewählt.
Auch auf die Nummer zehn muss die deutsche Defensive aufpassen: Ri Kum Suk, so etwas wie die Schlüsselspielerin. Bisher ist die älteste der drei Ris aber noch nicht richtig in Form gekommen, weswegen Kim Kwang Min, der Trainer, ein paar ernste Worte mit ihr gewechselt hat. „Das ist nicht die Ri, die ich kenne und auf die ich baue“, sagte er nach dem Sieg gegen Nigeria. „Ich hoffe, dass sie sich bald wieder in Topform präsentiert.“
Gegen Schweden lief es dann auch nicht rund. Das gesamte nordkoreanische Team schien erschöpft zu sein, müde vom aufwändigen Laufspiel, für das es berüchtigt ist. Die Mannschaft hat sich freilich nach dem letzten Gruppenspiel, das sie 1:2 gegen die Skandinavierinnen verloren, ausruhen und regenerieren können. Zu erwarten ist morgen ein ziemlich dynamisches Frauenfußballspiel. „Ich nenn die immer Wadenbeißer“, sagt Laudehr, „die hängen einem immer im Nacken.“ Laudehr darf nach ihrer Gelbsperre wieder mitmachen. Unklar ist, ob in der Innenverteidigung Sandra Minnert oder Annike Krahn spielen. Minnert könnte auf jeden Fall nach überstandener Oberschenkelverletzung in die erste Elf zurückkehren.
Laudehr hat bereits ein paar Nordkoreanerinnen näher kennengelernt, auch Fatmira Bajramaj. Bei der U20-WM wurden beide mit dem deutschen Team ordentlich vorgeführt. „Ich habe die total unterschätzt, und am Ende stand es 1:3“, sagt Bajramaj. „Die klammern sehr gut, dieses Viertelfinale wird echt krass.“ Sechs U20-Weltmeisterinnen stehen in der aktuellen Mannschaft Nordkoreas, vier in der Startformation. Doch eingeschüchtert sind weder Bajramaj noch Laudehr. „Soll mich doch eine von denen umhauen. Hau ich halt zurück“, sagt Laudehr und verspricht, „bei der Einstellung noch eine Schippe draufzulegen“.
Trainerin Neid gibt vor, ganz viel über Nordkorea zu wissen. Damit verfügt sie über ein nahezu exklusives Wissen, denn allerorten wird von „der großen Unbekannten“ geschrieben, über ein Fußball spielendes Mysterium, das sich womöglich im finsteren Reich des Kim Jong Il mit diversen Dopingpräparaten auf diese WM vorbereitet habe. „Ich habe von diesen Mutmaßungen gehört“, sagt Coach Kim, „aber ich möchte deutlich machen, dass ich nur über fußballerische Dinge sprechen werde.“ So wie Neid: Schnell seien sie, die Nordkoreanerinnen, wendig und bissig. „Sie verbinden das Asiatische mit einer gewissen Kaltschnäuzigkeit“, postuliert Meinert. Kurzum: Es wird kein einfaches Spiel für den Titelverteidiger.