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Archiv-Artikel

Ultimatum an die Regierung

KOSOVO Demonstrationen, Anschuldigungen, die Aufarbeitung der Vergangenheit und Streit um die Mine Trepca: Die innenpolitischen Auseinandersetzungen nehmen zu. Die Zukunft der Koalition ist offen

VON ERICH RATHFELDER

SARAJEVO taz | Die innenpolitischen Konflikte in Kosovo haben an Schärfe gewonnen. Hunderte Lehrer und Minenarbeiter streiken, der Streit mit Serbien über die Mine Trepca könnte sogar das Ende der von der EU vermittelten Normalisierungsgespräche mit Serbien bedeuten. Doch am heftigsten fallen die Demonstrationen gegen den Minister für Gemeinden und Rückkehr, Aleksandar Jablanovic, aus. Er hatte die Hinterbliebenen von Opfern serbischer Übergriffe während des Krieges 1998/99 in der westkosovarischen Stadt Gjakova als „Bestien“ bezeichnet.

Bei einer Demonstration am Samstag kam es zu heftigen Ausschreitungen auf dem Mutter-Teresa-Boulevard in Prishtina. Die Polizei setzte Tränengas ein. Die von der größten Oppositionspartei Vetevendosje (Selbstbestimmung) unter Albin Kurti angeführten Demonstranten bezeichneten Jablanovic als „Faschisten“ und forderten Regierungschef Isa Mustafa auf, den Minister bis Montag 18 Uhr zu entlassen. Andernfalls werde am Dienstag eine Großdemonstration in Prishtina organisiert.

Schon vor zehn Tagen protestierten 10.000 Menschen in der westkosovarischen Stadt Gjakova und unterstützten damit die Organisation „Ruf der Mütter“. Diese bemüht sich seit Jahren, das Schicksal von 1.650 während des Krieges Verschwundenen aufzuklären. Serbische Militärs und Freischärler hatten damals die albanischen Mehrheitsbevölkerung von Gjakova terrorisiert und weit über 2.000 Menschen ermordet. Ein Teil der Toten wurden in Massengräbern in Serbien entdeckt, das Schicksal der 1.650 Personen ist jedoch nicht bekannt. Die Mütter forderten vom Minister, zur Aufklärung beizutragen, woraufhin Jablanovic sie als „Bestien“ bezeichnete und den damaligen serbischen Terror mit den Worten „Ich habe noch nie von serbischen Massakern in Kosovo gehört“ leugnete.

Inzwischen hat der Minister seine Worte bedauert. Doch der Konflikt kann zu einer Regierungskrise führen. In das 22-köpfige Kabinett der im Herbst gebildeten Großen Koalition wurden drei Minister aus der serbischen Minderheit berufen. Dies war als ein weiterer Schritt für die Normalisierung im Kosovo angesehen worden. Isa Mustafa versuchte denn auch, die Wogen zu glätten und erklärte, der Minister und die Demonstranten sollten ihre Wortwahl überprüfen.

Ob er an dem Minister festhalten kann, ist jedoch fraglich. Eine Kabinettsumbildung in einer Zeit, in der auch der Konflikt mit Serbien wieder offen zutage tritt, kommt ungelegen. Denn es geht um den Minenkomplex Trepca, den die Regierung selbst verwalten möchte, um dann eine effektive Privatisierung durchzuführen. Zurzeit arbeiten 2.000 Albaner und 1.000 Serben in dem Rumpfunternehmen. Serbien reklamiert ebenfalls Besitzrechte. Serbien hat damit gedroht, weitere Gespräche mit Kosovo platzen zu lassen, sollte Prishtina an den Plänen zur Verstaatlichung Trepcas festhalten.

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