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Archiv-Artikel

„Es ist ein Volkssport geworden“

Neue und umfassende Studie über Online-Spieler wurde in Bremen vorgestellt: Spielen ist Normalität

JEFFREY WIMMER, 35, Sozialwissenschaftler, Promotion über den „Mythos Gegenöffentlichkeit“ 2006 in München, arbeitet am Institut für Medien, Kommunikation und Information der Uni Bremen.

taz: Herr Wimmer, was haben Sie über die deutschen Online-Spieler herausgefunden?

Jeffrey Wimmer: Online-Spiele sind viel verbreiteter, als man denkt. Frauen spielen mehr als Männer. Das hat uns schon überrascht. Rollen-, Strategie-, Sport- und Rennspiele sind bei Alt und Jung gleichermaßen beliebt, da gibt es keine Unterschiede mehr. 38 Prozent aller Deutschen spielen, davon 20 Prozent online, der Anteil der Frauen beträgt ein Drittel. Rollenspiele und Shooter sind, wie erwartet, besonders bei jüngeren Männern beliebt.

Welche Fragen haben Sie bei der Studie verfolgt?

Wer ist denn eigentlich „der Normalspieler“, „die Normalspielerin“? Wie sieht der Alltag der Spieler aus? Und: Spielen da nur ein paar junge, adrenalindurchsetzte Leute – oder ist es nicht schon ein Volkssport geworden? Was uns von anderen Studien unterscheidet, ist die Repräsentativität. Wir haben die volle Spannbreite abgedeckt, von Jugendlichen bis zu den Senioren, auch Geschlecht, Alter und Bildung sind in unserer Stichprobe berücksichtigt.

Welche positiven Aspekte des Online-Spielen können Sie hervorheben?

75 Prozent der Befragten sind Mitglieder einer Spielergemeinschaft. Das zeigt für uns einen großen sozialen Effekt. Jugendliche erlernen soziale Kompetenz. Die wichtigsten Gründe, online zu spielen, sind Wettkampf sowie Interaktion und Kommunikation. Die Spieler sehen sich nicht isoliert. Andere Formen der Mediennutzung, zum Beispiel Fernsehen, werden zum Teil verdrängt. Und Spielen ist auf jeden Fall aktiver und kreativer.

So ergibt sich also ein positives Bild des Online-Spielens?

Ja. Bis auf den Trend zur exzessiven Nutzung bei einigen.

Manche Politiker fordern ein Verbot so genannter „Killerspiele“. Was würden Sie ihnen sagen?

Ich würde darauf hinweisen, dass es schon ausreichend Vorschriften im Sinne des Jugendschutzes gibt. Diese sind umzusetzen. Ein generelles Verbot hielte ich aber für falsch.

Warum?

Das ist eine populistische Forderung. Für mich gibt es keine „Killerspiele“: Spiele können keinen Menschen umbringen. Sinnvoller ist es, zwischen jugendgeeignet oder nicht zu unterscheiden. Ich möchte keinem Erwachsenen die Freiheit absprechen, bestimmte Spiele zu nutzen. An unserer Studie ist auch zu erkennen, dass die Fixierung auf männliche Jugendliche falsch ist.

Spielen Sie selber?

In meiner Schulzeit habe ich viel C64 und Amiga gespielt. Jetzt ab und zu ein bischen online.

Ihr Lieblingsspiel?

Hattrick. Eine Fußball-Online-Manager.

INTERVIEW: ROMAN RUTKOWSKI