: Pornostar wird Künstlerin
Eine Galerie in Braunschweig stellt derzeit Gemälde von Katja-Nora Baumberger aus, auch bekannt als Dolly Buster. Es ist ihre dritte Ausstellung – und ein weiterer Versuch, außerhalb der Porno-Branche Erfolg zu haben
Thomas Kaphammel steht in seiner Galerie in Braunschweig, um ihn herum hängen Leinwände. Sie zeigen nackte Frauenkörper und -gesichter, mit Kohle gezeichnet, überspritzt mit Farbklecksen. Immer das gleiche Verfahren, manche Bilder bunt, andere in gräulichem Grün oder Braun besprenkelt. Gemalt hat sie Katja-Nora Baumberger, besser bekannt als Dolly Buster. „Zur Ausstellungseröffnung wollte Frau Baumberger keine Fragen über ihre Vergangenheit beantworten“, sagt Kaphammel.
Über ihre Bilder spricht Baumberger dagegen schon. Sie sagt, dass sie die Technik, ihre Bilder zu überspritzen, von ihrem Dozenten an der Kunstakademie Düsseldorf habe. Auch in der Ausstellungsankündigung steht der Name der renommierten Schule. Das macht sich gut.
Eingeschrieben ist Baumberger nie gewesen. Mit einem Lehrbeauftragten ist sie befreundet, mit Arnim Tölke, der an der Akademie Aktzeichnen unterrichtet. Er bringt ihr in seiner Freizeit das Malen bei. „Allein wegen des Alters hätte sie bei uns nicht angenommen werden können“, sagt Tölke. „Künstler zu sein ist eine Lebensentscheidung. Wenn man die bis dreißig nicht getroffen hat, ist es zu spät.“
Bis zum Alter von 19 Jahren lebte Katja Nora Baumberger, geborene Bochnícková, in Prag, ging dort ein paar Mal zur Kunstschule. Sie bedauere, dass sie die Schule nicht dauerhaft besuchen konnte, sagt sie heute. Der Weg durch die ganze Stadt sei zu weit gewesen. 1983 kommt sie mit ihrer Familie nach Deutschland, ein paar Verwandte leben schon hier. Eigentlich wollen die Eltern wieder zurück nach Tschechien, doch sie bleiben hier. Die Tochter lässt Aktfotos von sich machen und fängt bald an, als Pornodarstellerin zu jobben. Dass sie in ihrer Heimat noch den Wunsch gehegt hatte, Künstlerin zu werden, interessiert hier niemanden mehr.
Sie lernt den Porno-Produzenten Josef Baumberger kennen, der sich in der Branche „Dino“ nennen lässt. Dino macht aus ihr die Marke „Dolly Buster“. Die Brüste werden vergrößert und in die Kameras der Talkshows gehalten. Katja genießt das Rampenlicht, sie unterschreibt einen Vertrag, der sie verpflichtet, nur noch für Dino zu arbeiten. Die Abhängigkeit der Marke vom Erfinder gipfelt in der Heirat, er gibt zu: „In erster Linie gefiel mir ihr Aussehen.“
Mittlerweile ist sie 38. Viele Menschen fühlen sich in diesem Alter erwachsen, andere alt. Der Ruf der Marke Buster hallt noch nach, doch vor der Kamera liegt sie nicht mehr. Sie steht dahinter, dreht die Filme und betreibt einen Erotik-Shop. Tritt in Dschungelshows auf, singt im knappen Höschen „Make love, make no war“. Der Song wird ein paar Mal auf Viva gezeigt und dann aus dem Programm genommen.
Baumberger kandidiert für die tschechische Partei NEI (Nezávislá iniciativa, Unabhängige Initiative) bei den Wahlen für das Europaparlament, ohne Erfolg. Einen Thriller schreibt sie, nimmt sich Fernseh-Promis zum Vorbild, bis sie sich „reif genug fühlt, eigene Figuren zu erfinden“. Ihr Werk wird bei Amazon für 25 Cent verkauft.
Jetzt malt sie wieder – nackte Frauen. Und möchte bei der Ausstellungseröffnung nicht über ihre Vergangenheit als Pornostar reden: Das sei erledigt, sie sei Künstlerin. Doch es ist nicht ihre Kunst, wegen der die Leute kommen. „Seit wir Dolly Buster ausstellen, kommen ganz andere Menschen in unsere Galerie, auch solche, die sich eigentlich nicht für Kunst interessieren.“ sagt Galerist Kaphammel.
Baumberger bedient die Erwartungen des Publikums, ihre Bilder tragen Namen wie „slave“ oder „shaved“, platzieren weiße Farbspritzer vor Frauenmündern. „Wenn sie wirklich in der Kunst ernstgenommen werden will, sollte sie Heiligenbilder oder Stillleben malen“, sagt ihr Künstler-Freund Tölke. Die Voraussetzungen für Erfolg habe sie: Sie sei talentiert und fleißig, und in den Medien wisse sie sich zu verkaufen.
Die stürzen sich dankbar auf die Buster-Story. Vom Spiegel bis zur Süddeutschen, von Brisant bis Taff lachte die Medienwelt, als ihre Bilder in Hamburg zu sehen waren. Die Kunstwelt diskutierte nicht einmal. „Viele haben jahrelang gearbeitet, bis sich ihre Bilder für 10.000 Euro verkaufen“, sagt Tölke. „Die haben wenig Verständnis, wenn jemand mit weniger Erfahrung so viel bekommt.“ STEFANIE HELBIG
Dolly Busters Color Crash, Galerie Thomas Kaphammel, Ziegenmarkt 4, Braunschweig; bis 29. September