: Freie Arztwahl – nicht für jeden
Frauenausschuss lässt sich von gravierenden Problemen bei der medizinischen Versorgung Behinderter berichten
Bei der Gesundheitsversorgung behinderter Frauen bestehen große Probleme. Das berichteten der Landesbehindertenbeauftragte, Joachim Steinbrück, und Swantje Köbsell von „Selbstbestimmt Leben“ dem Frauen-Ausschuss der Bürgerschaft. Mindestens in einem Fall hätten diese Umstände sogar den Tod einer Frau verursacht.
Oft, so Köbsell würden körperlich behinderte Frauen nicht zum Frauenarzt, gehen – „oder erst, wenn es zu spät ist“. Zu unangenehm bis unmöglich sei die Prozedur. Untersuchungsmöbel wären für selten behindertengerecht. Dem gehetzten Personal mangele es an Sensibilität. Räumlichkeiten wären nicht barrierefrei.
Laut Köbsell erfüllt keine frauenärztliche Praxis in Bremen alle nötigen Voraussetzungen. Steinbrück wies darauf hin, dass diese Beschreibung nicht nur auf den gynäkologischen Bereich zutreffe. Der neue Gesundheits-Staatsrat, Hermann Schulte-Sasse,bestätigt zwar das „Riesenproblem“. Es sei jedoch „unrealistisch anzunehmen, dass alle privatwirtschaftlich orientierten Arztpraxen barrierefrei gestaltet werden können“.
Die Lösung sieht er in Medizinischen Versorgungszentren. Dort können niedergelassene Ärzte auf behindertengerechte Infrastruktur zurückgreifen.
Steinbrück hingegen hält das lediglich für eine Übergangslösung. Langfristig müsse auch für Behinderte eine tatsächliche freie Arztwahl gelten.
Köbsell kritisiert weiterhin, dass Frauenhäuser nicht für Behinderte eingerichtet seien. In Heimen würden Dienstpläne oft nicht zulassen, dass pflegebedürftige Frauen wunschgemäß auch von weiblichem Personal gewaschen werden. Ferner monierte Steinbrück, dass mitunter sogar bei Neubauten der Grundsatz der Barrierefreiheit missachtet werde.
Schulte-Sasse fordert einen „Mentalitätswechsel“ in der Verwaltung. Nur so könnten künftig die Interessen von Behinderten ausreichend berücksichtigt werden. Neben „kleinen, symbolhaften Tätigkeiten“ müsse vor allem ein Umdenken in der Alltagsarbeit stattfinden.
Roman Rutkowski