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Archiv-Artikel

„Jüttner muss sich präsentieren“

Wolfgang Jüttner, SPD-Spitzenkandidat, stellt peu à peu die Minister für sein Schattenkabinett vor. Eine PR-Strategie? Ein Interview mit Dr. Klaus Kamps, Experte für politische Kommunikation

KLAUS KAMPS, 41, ist Politikwissenschaftler und Autor zahlreicher Fachbücher, die sich mit politischer Kommunikation und PR beschäftigen.

INTERVIEW: ANNIKA STENZEL

taz: Herr Kamps, Niedersachsens SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner beruft sein Schattenkabinett tröpfchenweise, einen Minister nach dem anderen. Tut er das, um öfter in der Zeitung zu stehen?

Klaus Kamps: Es kann mehrere Gründe haben, warum Jüttner das genau so macht. Zum einen kann es sein, dass er noch nicht weiß, wen er in seinem Kabinett haben will, oder er muss bei den Personalien seine Partei mit Kompromissen zufrieden stellen. Es kann aber auch eine platte Medienstrategie sein.

Wieso platt?

Die Journalisten bekommen etliche Pressemeldungen über neue Personalien im Schattenkabinett. Nach der fünften spätestens geht die Grundstimmung nach unten und man entscheidet sich eher, eine Personalie wegzulassen. Aber im Prinzip ist die Strategie ganz gut. Sie funktioniert, wenn die Person, über die berichtet wird, eine Schlagzeile wert ist.

Und was wäre die bessere Strategie?

Es gibt keine Rezepte für politische Kommunikation. Eine Strategie muss individuell angepasst werden. Das kommt auf die Ziele, die Person oder das Thema an. Wenn Jüttner aber möchte, dass über ihn berichtet wird, muss er sich als Person präsentieren.

Wie?

Als Politiker braucht man Ideen, Visionen und ein Programm. Wichtig sind auch Kleinigkeiten, die ihn als Person ausmachen. Er könnte auch ein dickes Ding bringen, einen Erreger, der ihn in die Schlagzeilen bringt. Negativ-Schlagzeilen sind manchmal besser als gar keine.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Jüttner mit Negativ-Schlagzeilen seinen Bekanntheitsgrad steigern will.

Es kann auch helfen, Journalisten zu Hintergrundgesprächen einzuladen und auf der persönlichen Ebene zu punkten. Journalisten müssen das Gefühl bekommen, Jüttner prägt die Landesstimmung mit. Dann sollte er versuchen sich über Themensetzung ins Gespräch zu bringen. Was sind die Probleme in Niedersachen? Wie bringe ich mich in diese Diskussion ein? Er muss Lösungsvorschläge machen, die Aufmerksamkeit erregen.

Wie unbekannte Politiker, die das Sommerloch nutzen, um mit absurden Themen ins Gespräch zu kommen?

Diskussionen wie Mallorca als 17. Bundesland oder die Auflösung der Ehe nach sieben Jahren liefern auf jeden Fall Gesprächsstoff und Aufmerksamkeit, aber das Ganze sollte seriös und nicht zu viel sein.

Warum?

Wenn man zu viel in der Presse ist, so wie Gerhard Schröder in der Zeit um den Amtsantritt, dann heißt es: Der Schröder ist pressegeil. Dann muss man sich zurücknehmen. Hat Schröder auch gemacht.

Schröder hatte vermutlich bessere Medienberater.

Das mag sein. Was aber die Strategie mit dem „Schattenminister peu à peu präsentieren“ betrifft, glaube ich eher, dass er Probleme hat, die Kandidaten in einem Rutsch zu präsentieren. Wäre es eine geplante Strategie, wird er bestimmt von einem typischen PR-Mann beraten, ich würde wetten: zwischen 30 und 40 Jahren.