: Löwen gucken in Simbabwe
WILDERNESS Mit reinem Gewissen durch den Hwange-Nationalpark
■ Einreise und Währung: Das Visum kostet 30 US-Dollar und wird bei der Einreise am Flughafen oder an den Grenzübergängen ausgestellt. Es kann auch zuvor beantragt werden. Der US-Dollar gilt als offizielle Landeswährung. Trotz aller Kritik am Mugabe-Regime: Simbabwe ist ein angenehmes Safari-Land.
■ Nationalparks: In Simbabwe gibt es zehn Nationalparks, die etwa 10 Prozent der Landesfläche umfassen. Mit 14.651 km[2]ist der Hwange der größte und zweitälteste (errichtet 1949). Geografisch gehört er zur Kalahari.
■ Aktivitäten: Etliche Veranstalter bieten im Hwange klassische Safari-Aktivitäten an. Der Zeitraum reicht von einem Tag bis zu einigen Wochen. Dabei ist es möglich, mehrere Tage in einem Camp zu bleiben. Der Aufenthalt im Hwange kann leicht mit einem Besuch der nahe gelegenen Viktoria-Wasserfälle verbunden werden.
■ Veranstalter: Wilderness-Safaris bemüht sich, Ökologie und Komfort zu verbinden. Dazu zählt ein Zubringerservice vom Flughafen Victoria Falls oder Livingstone, der Grenzstadt in Sambia. www.wilderness-safaris.com
VON KLEMENS LUDWIG
Die Regenzeit ist üppig gewesen, das Elefantengras steht hoch, in den nächsten Monaten wird es allmählich vertrocknen und den Blick großflächig freigeben. Doch auch jetzt ist das Szenario überwältigend: Nahe eines Wasserlochs grasen große Herden von Impalas, Gnus und Kudus in trauter Eintracht mit Zebras. Sie bilden eine Schicksalsgemeinschaft, die immer auf der Hut sein muss vor den großen Jägern: Löwen, Leoparden oder Geparden. Nicht weit entfernt grast eine riesige Büffelherde. Wenn sie in Bewegung kommt, suchen selbst die Löwen Deckung, denn sie würden zertrampelt. Aus dem Unterholz taucht eine Elefantenherde mit drei Jungen auf, die sich den Weg zur Lichtung bahnen. Was sie als Hindernis betrachten, hat nicht lange Bestand. Die Antilopen und Zebras lassen sich nicht stören. Von den Dickhäutern droht keine Gefahr.
Der Hwange-Nationalpark im Nordwesten von Simbabwe zeigt sich von seiner besten Seite. Zwar ist er nicht so bekannt wie die Serengeti in Tansania, Masai Mara in Kenia oder der Krüger-Nationalpark im benachbarten Südafrika, doch das Gebiet von der Größe Belgiens bietet einen außerordentlichen Tierreichtum.
Aber warum ausgerechnet Safari in Simbabwe, wo seit über dreißig Jahren ein Diktator herrscht? „Weil die Menschen hier besonders gastfreundlich sind und es wenig Auseinandersetzungen untereinander gibt. Wir halten zusammen; nicht nur, weil wir es müssen, sondern, weil es unsere Überzeugung ist. Das spüren unsere Gäste“, antwortet Kim White, Camp-Managerin von Wilderness Safaris, einem im südlichen Afrika operierenden Anbieter.
Vor über 30 Jahren von zwei jungen Südafrikanern gegründet, propagiert das Unternehmen den umwelt- und sozialverträglichen Tourismus. Der beginnt in den Camps, wo es kein Wasser in Plastikflaschen gibt, sondern nur in großen Kannen, aus denen sich jeder selbst bedienen kann. Seife, Shampoo, Lotion und sonstige Mittel für die Körperpflege werden in nachfüllbaren Spendern bereitgestellt. Kleine Maßnahmen, die bei vielen Besuchern eine große Wirkung erzielen. Aber natürlich kommen die Besucher nicht zur Ökotour, sondern um die Natur und Tierwelt zu bestaunen. Zweimal am Tag brechen die Ranger von Wilderness Safaris mit ihren Gästen zur Tierbeobachtung auf: Morgens nach dem ersten Frühstück, das bereits um sechs Uhr auf dem Programm steht. Die Tour geht bis kurz vor Mittag. Und dann um 16 Uhr zur Abendtour, die bis in die Dunkelheit hineinreicht.
„Wir können nie genau vorhersagen, was wir sehen werden. Die Natur ist unberechenbar, und das macht ihren Reiz aus“, so der Ranger Charles Ndhlovu, der sich seit vielen Jahren immer wieder begeistern lässt von dem, was die Natur ihm und den ihm Anvertrauten bietet. Heute Abend ist es besonders üppig.
Bei einem verlassenen Camp haben Löwen ein Zebra getötet und ins Gebüsch gezerrt. Wenn sie Beute machen, fressen sie, bis sie sich kaum noch bewegen können, argwöhnisch beobachtet von Schakalen. Im respektvollen Abstand schleichen sie um das Gebüsch herum, in der vagen Hoffnung, doch noch etwas von der Beute abzubekommen. Aus dem gleichen Grund versammeln sich Geier auf den nahe gelegenen Bäumen. Keiner von ihnen wagt es, seine Ansprüche offen anzumelden, selbst mit einem satten Löwen legt sich niemand an.
Die Besucher in ihrem offenen Jeep trauen sich bis auf wenige Meter an die Löwen heran. In dem Auto sehen die Könige der Tiere keine Konkurrenz. „Bei einem solchen Schauspiel würden wir niemals mit mehr als drei Autos auftauchen, denn wir wollen die Tiere in ihrer natürlichen Umgebung so wenig wie möglich stören“, sagt Charles Ndhlovu. Auf Wunsch bietet Wilderness Safaris auch kurze Trekkingtouren durch die Savanne an. Die ein bis drei Stunden dauernden Unternehmungen lenken den Blick auf den Mikrokosmos im Park. Ndhlovu erklärt die Spuren am Wegesrand, wie alt sie sind und in welchem Tempo sich die Tiere bewegt haben. Das war für die Jäger früher entscheidend, doch heute bedeutet jede Jagd ein Verbrechen. Dann sind nämlich Wilderer am Werk.
Was, wenn die Wilderness-Ranger auf Wilderer stoßen? „Wir haben keine polizeilichen Befugnisse und dürfen niemanden verhaften. Wir können die Personen allerdings festhalten und den Sicherheitskräften übergeben.“ Wenn sie sich denn festhalten lassen.
Ndhlovu kennt zwei Arten von Wilderern: diejenigen, die aus wirtschaftlicher Not den eigenen Haushalt mit Fleisch versorgen wollen. Sie sind in der Regel mit Pfeil und Bogen unterwegs und harmlos, denn ihre Beute sind nicht die bedrohten Großtiere. Gefährlicher sind die schwer bewaffneten Profis, die gezielt Jagd auf Nashorn und Elefant machen beziehungsweise deren Stoßzähne. Vor allem Nashörner sind selten geworden im Hwange, denn unter den Chinesen, die im südlichen Afrika große Teile des Rohstoffabbaus beherrschen, hält sich hartnäckig die Vorstellung, zu Pulver verarbeitet sei das Horn potenzfördernd und könne Krebserkrankungen bekämpfen. Allzu häufig ist der Kontakt mit Wilderern jedoch nicht.
Den Sonnenuntergang zelebriert Wilderness Safaris mit einem „Sun-Dawner“: dem Picknick zum Sonnenuntergang. Von Gin Tonic über Wein und Bier bis zu Softdrinks reicht das Angebot, angereichert mit gebratenen Hähnchenschenkeln und Kartoffelchips vom Küchenchef. Dann beginnt die Fahrt zurück zum Camp mit der Infrarotlampe. Seltene Eulen und selbst die perfekt getarnten Chamäleons entdeckt Charles Ndhlovu: „Ich kann es nicht erklären, es zeigt sich mir einfach“, sagt er.
Wilderness Safaris will die Umwelt schonen und soziale Verantwortung übernehmen. Dabei konzentriert sich das Unternehmen auf die Schulen, deren Niveau angesichts des wirtschaftlichen Niedergangs von Simbabwe gesunken ist. Der Veranstalter finanziert neben Essen und Schuluniformen auch die Schulgebühren für Kinder aus armen Familien. In der Nebensaison werden regelmäßig Schulklassen für drei Tage in den Park geholt, um ihr Umweltbewusstsein zu schärfen. „Es gibt viele Menschen im Land, die haben noch nie einen Elefanten gesehen. Das ist traurig. Wie sollen sie dann verstehen, dass es wichtig ist, die Tiere zu schützen?, sagt Kim White. Die 25-Jährige stammt selbst aus der Hauptstadt Harare, hat zunächst Hotelfachfrau gelernt, sich dann aber für eine Laufbahn bei einem Safari-Veranstalter entschieden, „weil es spannender ist“.