„In Kitas kommt nichts an“

PROTEST Erzieher wollen Wahl-Plakat karikieren. Sie ärgert, dass Olaf Scholz mit Kitaplätzen wirbt

■ 58, ist Leiterin der Kita-Kratzbürsten in Altona und Mitverfasserin des Brandbriefs für bessere Betreuung.

taz: Frau Toelcke, Sie wollen heute mit ihren Kita-Kindern und Erziehern ein Großplakat an der Königstraße bemalen. Was wird darauf zu sehen sein?

Susanne Toelcke: Wir ärgern uns wahnsinnig über die Plakate, auf denen Olaf Scholz mit gebührenfreien Kita-Plätzen wirbt. Deshalb greifen wir das Motiv auf und stellen Olaf Scholz mit Schnuller dar. Daneben steht dann: „Olaf hat einen Kita-Platz - doch kaum einer da für den kleinen Fratz.“ Und weil der Bürgermeister bei uns um die Ecke wohnt, wissen wir, dass er das sehen wird, wenn er heimkommt.

Hat die SPD denn nicht gerade ihre Proteste erhört? Es soll doch schrittweise ein besserer Betreuungsschlüssel kommen.

Das, was da in kleinen Schritten angeboten wird, kommt bei uns in den Kitas nicht an. Das ist der reine Hohn. Wir wissen auch nicht, warum die Dachverbände dem zugestimmt haben und wer da von den Verbands-Oberen mit wem schnackt. Wir sagen, wir können jetzt nicht mehr.

Was kommt denn an?

Für die drei- bis sechsjährigen Kinder ist für die nächsten zehn Jahre keine Verbesserung geplant. Und in den Krippen soll es für alle unter zwei Jahren zehn Prozent mehr geben und in zwei Jahren für alle Kinder unter drei. Aber das wird wieder aufgehoben durch die Kürzung bei unseren Kostensteigerungen. Real kann eine Krippe davon nur eine 400-Euro-Kraft einstellen.

Ist doch besser als nichts?

Nein. Es hilft nicht bei unserem Problem. Wir sagen, wir brauchen jetzt 25 Prozent mehr Personal. Es hilft nichts, wenn ein kleines Kind einen Krippenplatz hat, und dann kaum einer da ist, der sich kümmert. Man könnte fast denken, dann ist es besser für die Kleinen, wenn Mutti zu Hause bleibt und auf die Bedürfnisse des Kindes reagieren kann.

Es heißt, die SPD habe bei der Kita-Politik die Nase vorn, weil sie Plätze gebührenfrei machte.

Das freut uns auch für die Eltern, aber es hat mit frühkindlicher Bildung gar nichts zu tun.

Sie waren eine der Kita-Leiterinnen, die im Oktober einen Brandbrief an den Bürgermeister aufsetzten?

Ja. Der wurde von über 500 Kita-Leitungen unterschrieben und wir haben 5.000 Leute auf die Straße gebracht.

Und nun, bleibt es bei einem Plakat für den Bürgermeister?

Nein. Viele werden am Mittwoch zum Rathaus gehen und die Bildungsempfehlungen zurückgeben. Weil die bei diesem schlechten Personalschlüssel ihr Papier nicht Wert sind.  INTERVIEW: KAJ

Plakataktion: 10. 30, Königsstraße Ecke Schillerstraße, Altona