: „Hier kann ich Hansdampf sein“
FESTIVALMACHER Stephan von Löwis of Menar organisiert seit 25 Jahren das Hamburger Musik- und Theaterfestival „Kinderkinder“. Eine deutsch-indische Eigenproduktion hat er dieses Jahr selbst übernommen
VON TIZIANA MANELJUK
Entspannt fläzt er auf dem samtigen roten Sofa, in seinem hellen Büro unweit des Rathauses, und nippt an einer Tasse grünem Tee: Stephan von Löwis of Menar, der das internationale Musik- und Theaterfestival „Kinderkinder“ in Hamburg organisiert. Über sein weinrotes Poloshirt, dessen Farbe fast mit dem Sofa verschwimmt, hat er lässig eine Anzugjacke geworfen. Jung geblieben sieht er aus, trotz seiner längeren grauen Haare.
Er beugt sich vor, um einen Schluck Tee zu nehmen. Er trinkt ihn am liebsten „mit Fischen“, lässt die Teeblätter frei im heißen Wasser umherschwimmen. Sein Job sei anstrengend, sagt er, eben erst habe er seinen Urlaub „von Februar auf November vorverlegt“. Die Organisation des Festivals mache ihm „meistens sehr viel Freude“, momentan sei er allerdings etwas abgespannt. Anzusehen ist ihm das nicht. Nur wenn er seine runde Hornbrille abnimmt, ist da eine Müdigkeit um die Augenpartie.
Zum Kindertheater kam Stephan von Löwis of Menar 1987, als er mit Freunden ein kleines Kinderfestival von Berlin nach Hamburg holte. Zuvor war er mit Bands durch die Welt getingelt und hatte Rockkonzerte organisiert. Noch heute spielt er Saxofon und Bass, doch nur noch selten mit Auftritten.
Das kleine Festival, das er nach Hamburg geholt hatte, wurde schnell größer und internationaler, da „nicht alle herausragenden Produktionen in Deutschland entstehen“, wie von Löwis sagt. In diesem Jahr findet das Musik- und Theaterfestival „Kinderkinder“ zum 25. Mal statt, es gibt mehr als 1.000 Veranstaltungen mit Künstlern aus 58 Ländern.
Stolz ist von Löwis auf Frederik Vahle, den Kinderlieder- und -buchautor, der bereits beim ersten Festival mit dabei war. Bekannt wurde Vahle durch lustige Kinderlieder wie „Anne Kaffeekanne“ oder „Der Cowboy Jim aus Texas“. „Vahle macht übrigens die einzige Veranstaltung, die auch wirklich Geld abwirft“, sagt von Löwis.
Ansonsten ist das Festival auf Gelder der Kulturbehörde und auf Sponsoren angewiesen. Doch leider seien die seit der Wirtschaftskrise wenig spendabel. Von Löwis steht vom Sofa auf und deutet mit dem Finger auf den unteren Rand des bunten Festivalplakats, das an einer Bürowand hängt. „Hier müssten eigentlich viele Sponsoren stehen.“
Bei der Organisation wird von Löwis von Praktikanten und Freiwilligen unterstützt. Er fährt auf Festivals, um Künstler zu akquirieren, gestaltet die Plakate und Flyer und kümmert sich um das Webdesign. „Ich bin in erster Linie ein Macher“, sagt er. Der Vorteil bei einem Kinderfestival sei, dass er in vielen verschiedenen Genres arbeiten könne, ohne schief angeschaut zu werden. „Hier kann ich Hansdampf sein“, sagt von Löwis.
Seine Inspiration holt er sich auf anderen Kinderfestivals, auch im Ausland. Hier knüpft er Kontakte und kann inzwischen auf ein großes Netzwerk zurückgreifen. Stücke und Inszenierungen, „die mir und den Kindern gefallen“, lädt er dann zum Musik- und Theaterfestival nach Hamburg ein.
Einen Programmpunkt, der dieses Jahr leider nicht geklappt hat, ist eine Inszenierung für die ganz Kleinen: für Säuglinge bis zu sechs Monaten. Vor 18 Jahren hatte er eine derartige französische Inszenierung erlebt, die Kleinkinder saßen während des Babykonzerts, „einer pentatonischen Performance mit mütterlichen Gesten“, auf den Schößen der Mütter oder krabbeln am Bühnenrand herum. Was faszinierend war: Die Babys wurden bei jeder Aufführung an derselben Stelle unruhig.
Zum Hamburger Festival komme „das klassische Bildungsbürgertum“, sagt von Löwis. Er bemühe sich jedoch sehr, auch Reize für Kita- und Schülergruppen zu schaffen – nur so hätten Kinder die Chance auf Theater und Musik, deren Eltern sich dafür nicht interessierten.
Eine indisch-deutsche Eigenproduktion hat von Löwis dieses Jahr sogar selbst übernommen. Vor zwei Jahren war er mit einer Delegation der Hamburger Kulturbehörde nach Indien gereist und hatte dort den Regisseur Dadi Pudumjee getroffen, mit dem er nun das Musik-Puppen-Theater „Sanjay und sein Meister“ nach einer buddhistischen Erzählung auf die Bühne bringt. Dafür hat er den Puppenspieler Matthias Kuchta verpflichtet, der mit kindergroßen Puppen arbeitet. Drei Musiker aus Kalkutta sorgen mit indischen Instrumenten für die musikalische Untermalung.
Die Puppe, die die weibliche Hauptrolle spielen soll, hat von Löwis nach der bekannten indischen Regisseurin und Schauspielerin „Nandita“ benannt, die er auf seiner Indien-Reise getroffen hatte. Gerade lässt er die Puppe von seiner Puppenmacherin umgestalten. „Sie muss jünger werden“, sagt von Löwis. Er habe die Schauspielerin „einfach so sympathisch“ gefunden, sagt von Löwis. „Sie weiß noch nicht Bescheid – das wird ’ne Überraschung.“
Des Festival „Kinderkinder“ geht dieses Jahr bis 6. November. Premiere der deutsch-indischen Eigenproduktion „Sanjay und sein Meister“ ist am Freitag, 21. Oktober, 10 und 18 Uhr, Kampnagel, Hamburg