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Archiv-Artikel

Stärker als China und Saudi-Arabien zusammen

HANDEL Weltweite Finanzstabilität? Ist Deutschland egal: Es fabriziert Rekord-Exportüberschüsse

BERLIN rtr | Deutschland hat 2014 mit einem neuen Rekordwert den größten Exportüberschuss aller Länder erzielt. Nach Berechnungen des Münchner Ifo-Instituts weist die sogenannte Leistungsbilanz ein Plus von 285 Milliarden US-Dollar (rund 252 Milliarden Euro) auf – doppelt so viel, wie China und Saudi-Arabien auf Platz zwei und drei zusammen haben: Der Überschuss der weltgrößten Handelsnation beträgt 150 Milliarden US-Dollar, der des arabischen Ölexporteurs 100 Milliarden.

Kritikern der starken deutschen Exportausrichtung, zu denen die EU-Kommission und die US-Regierung gehören, kann diese Entwicklung nicht gefallen.

„Eine Ursache für den Überschuss in der Leistungsbilanz ist die gute Konjunktur in wichtigen Abnehmerländern wie den USA und Großbritannien“, sagt Ifo-Experte Steffen Henzel. „Zudem musste Deutschland gegen Jahresende deutlich weniger für Öl-Importe bezahlen.“ Dadurch wuchs die Differenz zwischen Aus- und Einfuhren.

In die Leistungsbilanz fließen neben dem Warenaustausch auch alle anderen Transfers mit dem Ausland ein – von Dienstleistungen bis zur Entwicklungshilfe. Hier stieg der Überschuss 2014 um rund 30 Milliarden auf knapp 220 Milliarden Euro. „Das entspricht 7,5 Prozent der Wirtschaftsleistung“, so Henzel.

Die EU-Kommission stuft Werte von dauerhaft mehr als sechs Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt als stabilitätsgefährdend ein. Da Deutschland seit Jahren über dieser Grenze liegt, hatte Brüssel die Bundesregierung im März 2014 gerügt und ihr empfohlen, mehr zu investieren und so die Nachfrage im Inland zu stärken. Auch das US-Finanzministerium prangerte die Überschüsse wiederholt als Risiko für die weltweite Finanzstabilität an, da Länder mit hohen Überschüssen solchen gegenüberstehen, die ihre Importe über Schulden finanzieren müssen.

Das Ifo-Institut prophezeit für 2015 einen weiter steigenden Überschuss. Schließlich sei bei den treibenden Faktoren – Ölpreis, Konjunktur und schwacher Euro – keine großartige Veränderung zu erwarten, sagte Henzel. Der Überschuss werde so voraussichtlich auf acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen.