: „Mit Terror bringe ich das nicht in Verbindung“
Am Tag der offenen Moschee wollen auch die Muslime in Berlin-Kreuzberg zeigen, wie sie wirklich sind
BERLIN taz ■ Die Regalbretter stehen voller Schuhe. Braune Herrenschuhe, schwarze Frauenstiefel, weiße Turnschuhe. „Herzlich willkommen“, sagt Mynevver Özemis. Sie überreicht jedem eine Rose, bevor er in Socken den Gebetsraum betritt. Özemis, 25, blaues Kopftuch, grüßt mit warmem Lächeln die Besucher, die zum Tag der offenen Tür in die Mevlana-Moschee in Berlin-Kreuzberg erscheinen.
Der Tag geht auf eine Initiative des Zentralrats der Muslime in Deutschland zurück. An diesem Mittwoch geben rund 2.000 Gotteshäuser Einblicke ins Leben der muslimischen Gemeinden, die sich immer wieder mit dem Pauschalverdacht auseinandersetzen müssen, Islamisten hervorzubringen.
In Berlin-Kreuzberg tasten sich Moscheebesucher und Gastgeber vorsichtig ab. Christel Hahn steht noch im Vorraum. „Ich habe Einlagen, ohne die kann ich nicht laufen“, sagt sie und deutet auf ihre Schuhe. „Sie sollten reinkommen, wenn Sie schon hier sind“, sagt Özemis. „Nein, nein“, wehrt Hahn ab, „ich schau mir das von hier aus an, der Teppich ist ja schon so schön.“ Özemis läuft los und bringt hellblaue Plastiküberschuhe mit.
Christel Hahn setzt sich zu dem halben Dutzend Besucher an einen der Tische, die im Innenraum der Moschee aufgebaut sind. Etwa doppelt so viele Gemeindemitglieder knien auf dem Teppich. Sie lauschen dem Vorbeter. Christel Hahn ist das erste Mal in einer Moschee. „Ich wollte mir das mal anschauen“, sagt sie. „Mit Terrorismus bringe ich das nicht in Verbindung.“
Damit scheint sie nicht alleine zu stehen. „Mich hat noch keiner auf Terrorismus, Islamismus oder Konvertitentum angesprochen“, sagt Özemis. Auch unter den 800 Gemeindemitgliedern werde nicht darüber gesprochen. Genau das allerdings ist der Vorwurf, der den Gemeinden gemacht wird.
Martin Wenzel, 20 Jahre alt, sagt, dass an dem Negativbild des Islams die Medien schuld sind. „Mit der Gleichung Islam gleich Terror wird doch der Kontakt zwischen Deutschen und Muslimen weiter erschwert“, schimpft er. Seine Augen sind klein, er sieht etwas müde aus. Er ist trotzdem gekommen. Man müsse sich auf einen Austausch einlassen, verlangt er. Das gelte auch für die christlichen Kirchen. „Sie sollen einen Schritt auf die Muslime zu tun.“
„Dialog ist wichtig“, sagt auch der Vizepräsident der Islamischen Föderation, Burhan Kesici, im Moscheeraum. Die Distanz zwischen Deutschen und Muslimen merke er im Alltag. „Diskriminierung durch sarkastische Witze oder andere komische Äußerungen zum Islam hat merklich zugenommen.“ Ein Grund mehr, zu zeigen, „wie wir sind“. Die Gemeinde bietet Fortbildungen für evangelische Religionslehrer oder Behördenmitarbeiter an, führt durch die Moschee.
Im ersten Stock haben junge Gemeindemitglieder Plakate aufgehängt, die über das Leben Mohammeds, die heiligen Stätten des Islams und den Ramadan informieren. Weitere Plakate hängen im Eingang. „Der Schutz der Nichtmuslime ist ein wichtiger Teil des islamischen Gesetzes“, steht dort. Ein anderes Plakat weist auf den gemeinsamen Ursprung von Christentum und Islam hin. „Man merkt aber schon, dass sie den Islam für das Größte halten“, flüstert Christel Hahn. PETRA KILIAN