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Archiv-Artikel

Zwei von drei Fernzügen sollen fahren

Heute von 8 bis 11 Uhr ruft die Lokführergewerkschaft bundesweit zum Streik auf. Die Bahn wehrt sich – vor Gericht und mit einem Notfallfahrplan. Der soll gewährleisten, dass zwei Drittel aller Fernzüge und die Hälfte der Nahverkehrszüge fahren

AUS BERLIN RICHARD ROTHER

Die Deutsche Bahn AG wird wegen der Streikankündigung der Lokführergewerkschaft GDL am Freitag bundesweit einen eingeschränkten Fahrplan anbieten. Das kündigte die Bahn am Donnerstag in Berlin an. Der Sonderfahrplan soll in jedem Fall gelten – also ungeachtet der konkreten Streikpläne der GDL und etwaiger Gerichtsentscheidungen über die Zulässigkeit des Streikes. Die GDL ruft ihre Mitglieder am Freitag von 8 bis 11 Uhr zum Streik auf, um damit einen separaten Tarifvertrag und Lohnerhöhungen von 31 Prozent durchzusetzen.

Dieser Ankündigung begegnet die Bahn mit ihrem Sonderfahrplan, für den beamtete und nicht in der GDL organisierte Lokführer einspringen sollen. Ziel der Bahn: Von den täglich rund 750 Zügen des Fernverkehrs sollen rund zwei Drittel fahren, vor allem die ICE-Züge. Im Regionalverkehr sollen bis zu 50 Prozent der täglich 19.000 Züge unterwegs sein, dabei wird es nach Bahnangaben jedoch regionale Unterschiede geben. Bei der S-Bahnen sollen „so viele Züge wie möglich“ fahren, sagte ein Bahnsprecher. Güterzüge, die am Freitag nicht an ihrem Bestimmungsort ankommen, sollen am Wochenende weiterfahren. Die Daten ihres Sonderfahrplans wollte die Bahn am Donnerstagabend im Internet veröffentlichen, und zwar unter www.bahn.de/aktuell. Die Lokführergewerkschaft kritisierte die Ankündigung der Bahn, einen Sonderfahrplan umzusetzen, am Donnerstag scharf. „Die Außerkraftsetzung der Dienstpläne stellt rein rechtlich eine Arbeitskampfmaßnahme des Arbeitgebers dar“, so Gewerkschaftschef Manfred Schell. Deshalb seien die verbeamteten Lokführer nicht verpflichtet, die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Die GDL forderte die Bahn auf, bis Anfang nächster Woche ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen. Wenn der Konzern nicht einlenkt, sollen die Streiks in der kommenden Woche fortgesetzt werden.

Vor dem Arbeitsgericht Chemnitz wurde am Donnerstagnachmittag über die Zulässigkeit erneuter Lokführerstreiks bei der Deutschen Bahn verhandelt. Gegen die Streiks hatte der Konzern Anträge auf einstweilige Verfügungen eingereicht. Eine Entscheidung darüber sollte im Laufe des Abends fallen. Bereits im Juli und August war es der Bahn gelungen, GDL-Warnstreiks von Arbeitsgerichten im letzten Moment untersagen zu lassen.

Das juristische Vorgehen der Bahn lehnen auch die beiden anderen Bahngewerkschaften Transnet und GDBA ab. Sie fürchten, dass die Tarifautonomie durch diese juristische Auseinandersetzung Schaden nimmt. „Möglicherweise würden Arbeitgeber in anderen Wirtschaftsbereichen ermuntert, ähnlich gegen dann berechtigte Streiks von Beschäftigten vorzugehen“, hieß es in einer Erklärung beider Gewerkschaften. In der Bevölkerung stößt der Streik mehrheitlich auf Zustimmung: 57 Prozent der Bevölkerung halten ihn für richtig, ergab eine infratest-Umfrage im Auftrag der Tagesthemen. Im Juli waren es noch 71 Prozent.