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Archiv-Artikel

Unfall in Schweden

WÜRZIG Braune Bohnen werden nur auf Öland angebaut. Und Chips aus braunen Bohnen nur dort hergestellt. Das ist gut für Öland. Eigentlich

VON BARBARA OERTEL

Beim Thema Chips denkt wohl jeder zuerst an dünne, fettige und frittierte Kartoffelscheiben, die zwar nicht sättigen, dafür aber einen Esszwang auslösen, der so lange andauert, bis auch der letzte Krümel aus der Tüte gefischt ist. Und denkt nicht an Braune-Bohnen-Chips.

Braune Bohnen? Ulf und Mary-Anne Wahlquist müssen lachen, wenn sie erzählen, wie ihre kulinarische Idee geboren wurde. Damals, 2002. Mittlerweile haben sie einen Minibetrieb in der schwedischen Kleinstadt Färjestaden auf der Insel Öland. „Das war eindeutig ein Unfall“, sagt Mary-Anne Wahlquist.

Und der kam so: Ulf Wahlquist, ehemaliger Offizier der schwedischen Luftwaffe, und Mary-Anne Wahlquist, in ihrem ersten Berufsleben beim Sicherheitspersonal auf dem Stockholmer Flughafen tätig, führten ein vegetarisches Restaurant. Und hatten auch ein entsprechendes Kochbuch geschrieben. Sie ist seit 1993 überzeugte Vegetarierin, er wurde nach 17 Jahren Fleischverzicht vor zwölf Monaten rückfällig. Die Bitte wurde an sie herangetragen, ein Buffet mit Speisen aus regionalen Produkten vorzubereiten. „Da mussten wir uns natürlich ein paar Gerichte mit braunen Bohnen ausdenken“, sagt Mary-Anne Wahlquist.

Braune Bohnen, auf Schwedisch „Bruna bönor“, von der EU als Marke geschützt, werden nur auf Öland angebaut, von 63 Bauern auf einer Fläche von insgesamt 650 Hektar. Was der Größe von vier Fußballfeldern entspricht und jährlich einen Ertrag von tausend Tonnen bringt. Die Bohnen brauchen viel Sonne, einen kalkhaltigen Boden und trockenes Herbstklima. Traditionell werden sie als Beilage zu Schweinefleisch gegessen. Oder finden sich im gemischten Salat.

Ulf und Mary-Anne Wahlquist wünschten sich aber andere Verwendungsmöglichkeiten und versuchten sich an einer Bohnen-Falafel.

Doch die „braunen Bälle aus Öland“ entwickelten sich zu einem kompletten Reinfall. „Sie sahen gut aus, schmeckten aber nach nichts“, sagt Ulf Wahlquist. Also versuchten sich die beiden an anderen Varianten. Sie bearbeiteten die Bälle mit einem Nudelholz und hatten plötzlich und ganz unfreiwillig die ersten Bohnenchips produziert.

Trotz bestandener Qualitätstests dauerte es noch einmal acht Jahre, bis die „Ölänska Bönchips“ auf den Markt kamen. Dort hat sich das ungewöhnliche Knabbergebäck, das in 50-Gramm-Tüten zum Preis von umgerechnet 2,50 Euro verkauft wird, fest etabliert. Neben den Geschmacksrichtungen Natur, Chili/Dill und Kräuter kreieren die Wahlquists für jede Jahreszeit eine spezielle Sorte. Geröstete Paprika zum Beispiel, drei Sorten Pfeffer mit roten Beeren, schwarze Trüffel oder „Summerparty“ – eine Mischung aus Erdbeeren, Basilikum und grünem Pfeffer.

Hergestellt wird alles in Handarbeit, auch die Verpackung. „Wir verwenden nur natürliche Zutaten“, sagt Mary-Anne Wahlquist. Ob sie die Bohnenchips als Bioprodukt zertifizieren lassen wollen? Das hat das Ehepaar nicht vor. Weil es den Verkaufspreis des Produkts, so erklären die Wahlquists, wesentlich erhöhen würde.

Ob Bio oder nicht, scheint die Kunden eher wenig zu interessieren. Im Sommer verließen rund 10.000 Chipspäckchen die garagenähnliche Halle. Etwas überrascht über diesen Erfolg sind ihre Hersteller schon. „Aber“, sagt Ulf Wahlquist, „die Chips sind von guter Qualität. Sie haben mehr Ballaststoffe und weniger Kalorien als gewöhnliche Chips. Da genügt eine halbe Tüte, um den Magen zu füllen.“

Der Snack kann online bestellt werden, im Laden direkt kann man ihn derzeit nur in Schweden kaufen – was die Wahlquists ändern wollen. Mit mehreren Supermarktketten in Norwegen und Finnland verhandeln sie bereits, auch in Deutschland suchen sie nach geeigneten Vertriebspartnern.

Doch nicht nur die Aussicht darauf, ihren Betrieb samt Produktion zu vergrößern, beflügelt die beiden gerade. Ihre „Svenska Bönchips AB“ wurden in diesem Jahr als eine von drei schwedischen Firmen für den „Ull-bagge“ nominiert, eine Auszeichnung für den innovativsten ländlichen Betrieb, die einmal jährlich in Stockholm verliehen wird. Die Entscheidung wird im November bekannt gegeben.