„Für Juristen ernüchternd“

VORTRAG Welche und wie wenig Rechte noch in sozialen Netzwerken bleiben, erklärt ein Jurist

■ ist Professor für Rechtswissenschaft an der Uni Bremen, unter anderem mit dem Schwerpunkt auf Informationsrecht.

taz: Herr Buchner, wie schlimm steht es um die Bürgerrechte in Zeiten von Facebook?

Benedikt Buchner: Gerade die Datenschutzrechte sind weitestgehend verloren gegangen. De facto hat man keine Wahl: Take-it-or-leave-it. Früher hatte nicht jeder ein Smartphone dabei. In gewisser Weise hinkt das Recht den technischen Bedingungen hinterher.

Sind Sie bei Facebook?

Ja, aber nur als Platzhalter für meinen Namen. Ich habe letztens versucht mich einzuloggen und es nicht geschafft, da ich nicht auch noch mein Geburtsdatum geben wollte. An der Uni ist das aber ein Problem.

Inwiefern?

Sie erreichen die Leute nicht mehr ohne Facebook. Das setzt sich auch in die öffentlichen Institutionen fort. Kontakte zu meinen Studenten werden ohne soziale Netzwerke schwieriger.

Facebook hat gerade die Datenschutzbestimmungen geändert – ohne Einspruchsmöglichkeit.

Das ist aktuell das erschreckendste Beispiel.

Was ist Ihr Rat?

Wenn man nicht austreten will, kann man versuchen, möglichst wenig Informationen preiszugeben, was allerdings der Idee und den Möglichkeiten sozialer Netzwerke widerspricht. Das wird auch überschätzt: Facebook überwacht ohnehin alles und hat alle Daten, egal, ob ich meinen Freundeskreis klein halte oder nicht alles öffentlich stelle.

Welche rechtlichen Möglichkeiten habe ich?

Theoretisch könnte jedes Mitglied bei Facebook gegen eine Persönlichkeitsverletzung klagen. Aber die Motivation dazu ist gering.

Ein Kampf gegen Windmühlen?

In der Verantwortung sind eigentlich andere Stellen, die Datenschutz-Aufsichtsbehörden. Aber auch für die ist es schwierig, weil noch nicht einmal klar ist, welches Recht anzuwenden ist. Verbraucherschutzverbände haben ab und zu Maßnahmen ergriffen. Aber die Technik ist so schnelllebig und auch die Nutzungsbedingungen ändern sich ständig.

Sie klingen pessimistisch.

Für einen Juristen ist es ernüchternd. Der Europäische Gerichtshof hat allerdings vor kurzem mit dem Urteil, dass es auch im Internet ein Recht auf Vergessen gibt, gezeigt, dass sich sehr wohl gegenüber Google und Facebook Rechte durchsetzen lassen. Vielleicht setzt ja nun eine Gegenbewegung ein. Alle Hoffnung liegt nun auf der geplanten europäischen Datenschutz-Grundverordnung.  INTERVIEW: JPB

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