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Archiv-Artikel

Mit dem Blick nach vorn

DDR-GESCHICHTE Stasi-Zentrale erhält bis Ende 2015 Open-Air-Ausstellung. Auf den „Campus der Demokratie“ muss Roland Jahn allerdings noch warten. Berlin rückt kein Geld raus

Neues Stasi-Museum

■ Rund 50 Kilometer Stasi-Akten hatten sich im Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) seit seiner Gründung 1950 angesammelt. Nebenan residierte bis 1989 der Minister für Staatssicherheit: Erich Mielke.

■ Nach der Erstürmung des Traktes am 17. Januar 1990 durch Bürgerrechtler gründeten einige von ihnen den Verein Antistalinistische Aktion Normannenstraße (ASTAK), der noch 1990 dort das Stasi-Museum einrichtete. Nach einem Umbau wurde im Januar 2015 die neue Stasi-Dauerausstellung vom Verein, nun in Zusammenarbeit mit der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasiunterlagen (BStU), eröffnet. (tok)

www.stasimuseum.de

VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

„Wir wollen nicht jammern, aber es hätte in den vergangenen 25 Jahren hier wesentlich mehr geschehen können.“ Es ist deutlich sichtbar, was Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU), meint, wenn er über das Gelände der ehemaligen Stasi-Zentrale an der Normannenstraße führt. Bis auf das Museum im „Haus 1“ mit Erich Mielkes Büros und den vielen Räumlichkeiten für die BStU samt ihren Archiven gleicht das weitläufige Areal zum Teil einer Geisterstadt. Es gibt – außer diesen Nutzungen – noch ein paar Mieter, darunter die Deutsche Bahn AG oder die Immobiliengesellschaft ARIS. „Ein echter Ort des Erinnerns und der Kommunikation über die Geschichte des DDR-Überwachungssystem ist das hier jedoch noch nicht.“

Jahn hatte am Montag den Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses vor dem Beginn zu dessen Sitzung über das zugige Gelände geführt und Werbung für sein Konzept eines „Campus der Demokratie“ gemacht. Danach soll die einstige Stasi-Zentrale „ein umfassender Gedenkort sowohl für die Repression als auch für die Revolution sowie für die Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte werden.“

Vorgesehen sei, Lern- und Bildungseinrichtungen, mit Studien- und Ausstellungsräumen zu schaffen, „die den Unterdrückungsapparat sowie dessen Überwindung thematisieren“. Es sollte ein moderner Erinnerungsort „mit Blick nach vorn“ und nicht nur auf die Stasi-Unrechtsgeschichte werden.

Jahns Appell ist ein wirkliches Anliegen, haben doch seit der Erstürmung der Stasi-Keller 1990 durch die ostdeutschen Bürgerrechtler der Bund und das Land Berlin kein nachhaltiges Erinnerungskonzept und Programm für die Gebäude und Flächen erarbeitet. Mehr noch ist unklar, ob die Akten der BStU hier dauerhaft genutzt, authentische Gebäude und Grundstücke nicht veräußert oder die Bestände anderer DDR-Oppositionsgruppen, wie etwa das wertvolle Archiv der Robert-Havemann-Gesellschaft, hier untergebracht werden können. Immerhin gibt es einen Lichtblick: Die Open-Air-Ausstellung am Alex zur friedlichen Revolution 1989 soll bis Ende 2015 im Hof der Stasi-Zentrale „dauerhaft und neu überarbeitet präsentiert werden“, kündigten Jahn und Olaf Weißbach, Geschäftsführer der Robert-Havemann-Gesellschaft, an. Rund 250.000 Euro hätten der Bund und Berlin dafür investiert.

Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister und Kultursenator, legte am Montag trotzdem nicht mehr Geld für die Entwicklung der einstigen Stasi-Zentrale auf den Tisch. Es sei zwar das Anliegen Berlins, „diesen Ort von hoher Bedeutung auszubauen sowie das Archiv der Robert Havemann Gesellschaft zu sichern“. Dennoch müsste hier mit dem Bund als erstem Adressaten über die Finanzierung und über das Konzept verhandelt werden. „Im Rahmen des neuen Hauptstadtfinanzierungsvertrags werden wir das tun“, sagte Müller. Jahn wird also noch weiter „jammern“ müssen.