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Archiv-Artikel

Die Occupy-Bewegung kämpft um ihre Marke

KAPITALISMUSKRITIK Am Samstag demonstrierten erneut tausende Occupy-Anhänger in deutschen Städten. Auch Rechte marschierten mit. Im Netz entbrennt ein Streit, wem die Bewegung gehört. Aktivisten diskutieren, ob man unerwünschte Gruppen ausschließt

Im Internet rief die NPD dazu auf, die Occupy-Proteste am Wochenende zu unterwandern

AUS BERLIN FELIX DACHSEL

„Wir sind 99 Prozent“ – unter dem Slogan der Occupy-Bewegung gingen am Wochenende erneut Tausende Menschen in ganz Deutschland gegen die Macht der Banken auf die Straße. Allerdings zogen die Proteste in der zweiten Runde weniger TeilnehmerInnen an als beim Auftakt vor einer Woche.

In Berlin zogen rund 800 Demonstranten friedlich vor den Reichstag und hielten dort eine Versammlung ab. In Frankfurt gingen knapp 5.000 Menschen auf die Straße. In Hannover kamen 200 Menschen, in Kiel 150. Proteste gab es auch in Düsseldorf und Köln. Hat sich die Bewegung an diesem Wochenende etabliert?

Wenn es nach Attac geht, dem bekanntesten und erfahrensten Akteur in der jungen Bewegung, dann haben die Demonstrationen erst begonnen. Die Globalisierungskritiker wollen am 12. November das Regierungsviertel in Berlin und die Banken in Frankfurt umzingeln, ähnlich wie vor einem Jahr, als die Antiatombewegung Bundestag und Kanzleramt mit 100.000 Demonstranten einkreiste.

Max Bank von Attac ist sich sicher, dass die Antibankenbewegung ähnliches Mobilisierungspotenzial entfaltet. „Es hat sich erwiesen, dass die Proteste dauerhaft sein werden“, so Banks Fazit des zweiten Protestwochenendes. Die Bewegung habe Fahrt aufgenommen und bleibe dynamisch.

Sie zieht auch Menschen an, die noch nie auf Demonstrationen waren. „Ich trete heute zum ersten Mal vor einer Gruppe auf“, sagte eine junge Demonstrantin am Samstag in Berlin. Vor ihr saßen über hundert Okkupanten auf der Reichstagswiese in der Sonne. „Ich fühle mich gut bei euch“, sagte die Demonstrantin. Die Menge applaudierte, hob die Hände: die Wohlfühlstimmung der 99 Prozent.

Im Internet ist unterdessen ein Kampf um die Deutungshoheit in der Bewegung entbrannt. Mehrere Gruppen auf Facebook erheben gleichzeitig den Anspruch, die „echte“ Occupy-Gruppe zu sein. Diskutiert wird, wem der Protest gehört. Und auf wen er hört.

Viele Occupy-Anhänger verweigern sich festen Strukturen, sie wollen keine Sprecher. Oder besser: Sie wollen, dass jeder sein eigener Sprecher ist. Wenn die Polizei nach einem Versammlungsleiter fragt, antworten sie: Wir sind allein hier.

Die große Offenheit der Bewegung zieht auch unerwünschte Mitstreiter an: Rechte, Sektierer und Europagegner. Im Internet rief die NPD dazu auf, die Occupy-Proteste am Wochenende zu unterwandern. In Frankfurt demonstrierte am Samstag das Aktionsbündnis Direkte Demokratie, ein Zusammenschluss von Rechtspopulisten und Europagegnern. Und auf Demonstration und Internetseiten der Occupy-Bewegung macht sich eine sektenähnliche Vereinigung aus den USA breit, die Zeitgeist-Bewegung. Sie nutzt den Protest der 99 Prozent zur Selbstdarstellung. Im Frankfurter Protestcamp diskutieren die Occupy-Aktivisten jetzt verstärkt den Umgang mit solchen unerwünschten Gruppen: Kann man sie ausschließen, oder muss man sie akzeptieren? Setzt man also lieber auf Klasse statt auf Masse?

Mitarbeit: Martin Kaul, Jannis Hagmann

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