EU hat kein Geld für die EU

HAUSHALT Mitgliedstaaten wollen weniger für die Gemeinschaft ausgeben. EU-Parlamentarier wollen mehr und verzichten auf Businessclass-Flüge

BRÜSSEL taz | Das Europäische Parlament will mehr Geld für den EU-Haushalt 2012. Die Ausgaben sollen nach dem Willen der Abgeordneten um 5,3 Prozent auf 133 Milliarden Euro steigen. Damit widersetzen sich die Volksvertreter dem Willen der Mitgliedstaaten. In Zeiten klammer Kassen wollen die nur eine Steigerung um zwei Prozent. „Das würde gerade einmal die Inflation ausgleichen und würde der EU ein zu enges finanzielles Korsett anlegen“, sagt Helga Trüpel, Haushaltsexpertin der Grünen-Fraktion. Die Europäische Union müsse dafür sorgen, dass die beschlossenen politischen Ziele auch umgesetzt werden können, zum Beispiel die Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz.

Dem stimmt auch die sozialdemokratische Haushaltssprecherin Jutta Haug zu. Schon in diesem Jahr klaffe ein Loch von 1,1 Milliarden Euro im EU-Haushalt. „Die Mitgliedstaaten reichen jetzt viele Projekte in der Regional- und Strukturförderung ein. Sie haben ein Anrecht auf dieses Geld. Deshalb brauchen wir einen vernünftigen Haushalt“, sagt Haug. Viele Mitgliedsländer seien hoch verschuldet, bräuchten aber Investitionen, um ihre Wirtschaft anzukurbeln. Dabei müsse die Europäische Union helfen.

Deutschland verhält sich bisher zurückhaltend in dem Streit. Vor allem die Briten und die Schweden wollen den Geldhahn zudrehen. „Dahinter stecken keine inhaltlichen Argumente, sondern rein innenpolitische Beweggründe“, sagt Haug. Die britische Regierung wolle bei den Euroskeptikern punkten. Nach dem Motto: Wir bleiben zwar in der EU, geben ihr aber kein Geld.

Die Forderungen des EU-Parlaments sind eigentlich völlig legitim. Der schon verabschiedete mehrjährige Finanzrahmen bis 2013 sieht sogar eine Steigerung von mehr als fünf Prozent vor. Die Mitgliedstaaten hatten sich darauf ursprünglich geeinigt, wollen aber nun in der Krise nicht mehr zahlen. Das Parlament bietet auch eigene Sparanstrengungen an. Mit einer besseren Organisation wollen die Abgeordneten im kommenden Jahr rund 20 Millionen Euro bei den Übersetzer- und Dolmetscherdiensten sparen. Außerdem verzichten die Abgeordneten in Zukunft auf Businessclass-Flüge auf Kurzstrecken innerhalb der EU. Damit, schätzt Helga Trüpel, könnten weitere 15 Millionen gespart werden. Jetzt beginnen zähe Verhandlungen zwischen dem Rat der Mitgliedstaaten und dem Parlament. Beide Gremien müssen dem Haushaltsentwurf zustimmen.

RUTH REICHSTEIN