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Archiv-Artikel

Vorstoß für mehr Durchblick

INFORMATIONSFLUSS Hamburger Initiative regt ein neues Transparenzgesetz an – und will es notfalls per Volksentscheid durchsetzen

„Viele Initiativen konnten Auskunft erst vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen“

Gregor Hackmack, Mehr Demokratie

Wo das Recht auf Information war, soll die Pflicht zur Auskunft werden: Den Entwurf für ein Transparenzgesetz hat die Hamburger Initiative „Transparenz schafft Vertrauen“ am Freitag bei der dortigen Bürgerschaft eingereicht. Parallel beginnt das Bündnis aus den Vereinen Mehr Demokratie, Transparency International Deutschland und Chaos Computer Club damit, Unterschriften für ein Volksbegehren zu sammeln.

„Der Idealfall wäre, der SPD-Senat übernimmt das Gesetz“, sagt Gregor Hackmack von Mehr Demokratie – dann würde Hamburg bundesweit eine Vorreiterrolle in Sachen Bürgerinformation einnehmen. Notfalls aber müsse das Gesetz, das der ehemalige Verfassungsrichter Jürgen Kühling abgenickt hat, durch einen Volksentscheid durchgesetzt werden.

Dass die Transparenz der öffentlichen Verwaltung im Sinne des Bürgers sei, gesteht grundsätzlich auch die etablierte Politik ein: Hamburg hat ein Informationsfreiheitsgesetz, zum letzten Mal novelliert im Jahr 2009 vom schwarz-grünen Senat. Es ermöglicht, öffentliches Tun zu hinterfragen – auf schriftlichem Weg. „Das ist in der Praxis völlig unzureichend“, sagt Hackmack. „Es gibt viele Bürgerinitiativen, die Auskunft über eine Anfrage erst durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen konnten.“

„Transparenz schafft Vertrauen“ nun will den Spieß umgedreht sehen: Nicht nur habe der Bürger das Recht auf Auskunft über staatliches Handeln, sondern die Behörden und Verwaltungen seien in der Pflicht, ihre Entscheidungen und ihr Handeln offenzulegen.

Durch das vorgeschlagene Gesetz werden staatliche Institutionen und städtische Unternehmen verpflichtet, sämtliche Senatsbeschlüsse, Mitteilungen der Bürgerschaft, Protokolle und Unterlagen – aber auch Verträge, Gutachten, Subventions- und Zuwendungsbescheide sowie Baupläne, -anträge und -genehmigungen – im Internet offenzulegen.

Als Beispiel für staatliche Misswirtschaft nennen die Initiatoren das Desaster um die Hamburger Elbphilharmonie: Anfangs als kostenneutrale Kultureinrichtung versprochen, werde das noch immer nicht fertiggestellte Konzerthaus den Steuerzahler am Ende mindestens eine halbe Milliarde Euro gekostet haben. Derartige Fehlplanungen könnten durch das Transparenzgesetz verhindert werden, sagt das Bündnis. Zumal staatliche Institutionen verpflichtet würden, bei Verträgen ein 30-tägiges Rücktrittsrecht zu vereinbaren – falls sie auf Widerstand stoßen.

Transparenz der öffentlichen Verwaltung stärke nicht nur die demokratischen Bürgerbeteiligungsrechte, sagt Gerd Leilich von Transparency International, sondern erschwere auch Manipulation, Korruption und Missmanagement: Jeder Akteur habe bereits frühzeitig im Hinterkopf, so Leilich, „nicht etwas zu tun, wofür er sich später schämen muss“.

Aus Sicht der Initiatoren wäre das neue Gesetz sogar kostenneutral, weil es auch der Verwaltung selbst Kenntnisse über Vorgänge in anderen Behörden ermögliche, die sie sich heute noch aufwendig besorgen müssen.

10.000 gültige Unterschriften muss die Initiative „Transparenz schafft Vertrauen“, der sich auch die Piraten- und Linkspartei, sowie die ÖDP angeschlossen haben, bis zum 9. Dezember sammeln. KAI VON APPEN