: Endlich mal was mit Schmackes
OLYMPIA SATIRISCH GESEHEN
Bei der bislang noch nicht unbedingt auf allzu hitzige Betriebstemperatur gekommenen Frage, ob Berlin nun Olympische Spiele haben will oder doch eher nicht, durfte man sich diese Woche sozusagen als Nebenwiderspruch auch damit beschäftigen, was denn die Satire darf. Wer seinen Tucholsky gelesen hat, weiß diese Frage natürlich mit einem so emphatischen wie libertären „alles“ zu beantworten. Das nämlich darf die Satire.
Aber es haben ja vielleicht nicht alle ihren Tucholsky bei sich im Bücherschrank oder wollen wenigstens nicht immer seiner Meinung sein. Jedenfalls schickte der Senat am Anfang dieser Woche dem Berliner Blog Metronaut eine Abmahnung ins Haus, weil man sich von dort veröffentlichten Bildmotiven verunglimpft sah: Zu sehen ist dabei NS-Propagandamaterial aus dem Fundus der Berliner Spiele 1936 mit den entsprechenden heroischen Qualitäten, also diesen „Hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder“-Plumpaquatsch – und das versehen mit dem Logo der aktuellen Kampagne zur Berliner Olympiabewerbung.
Mit seinem Vorstoß erreichte der Senat nun zweierlei: dass erstens überhaupt eine breitere Öffentlichkeit von der gefälschten Werbekampagne des Blogs erfahren hat. Und dass man zweitens endlich mal draußen in der Welt etwas mitgekriegt hat vom Berliner Bewerbungswillen, weil sich natürlich auch die internationalen Medien auf diese Posse stürzten.
Irgendwas mit Nazis, das geht immer und überall.
Gegrämt hat den Senat auch, dass der Blogbeitrag seiner Ansicht nach nicht klar als Satire erkennbar gewesen sei. Obwohl es in Deutschland doch wohl weiterhin keine Kennzeichnungspflicht für Satire gibt, die ja doch eigentlich „alles“ dürfen sollte: sogar – um wieder auf die Blog-Motive zu kommen – mal eher schwach auf der Brust sein und einen einigermaßen schalen Witz erzählen. Denn genau betrachtet, sagen die Metronauten, will man die dort behauptete historische Kontinuität zwischen Berlin 1936 und Berlin 2015 wirklich ernst nehmen, nur, dass die Nazis in Sachen Propaganda mit Schmackes allemal die Nase vorn hatten gegenüber den bis dato doch recht armseligen senatlichen Werbemaßnahmen für die Spiele.
Darauf aber so rüde gestoßen worden zu sein – vielleicht war es ja das, was den Senat so verschnupft hat. THOMAS MAUCH
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