: Beiräte wollen keinen Ausschuss
Die rot-grüne Koalition wollte laut Koalitionsvertrag den Gesamtbeirat abschaffen und durch einen Bürgerschaftsausschuss ersetzen. Doch jetzt rudert sie zurück, es wird wohl beide Gremien geben
Von Christian Jakob
Ein Reformprojekt der rot-grünen Koalition wird offenbar fallen gelassen. Der Gesamtbeirat, das Koordinierungsgremium der Bremer Stadtteilparlamente, sollte eigentlich laut Koalitionsvertrag ersetzt werden – durch einen neuen Bürgerschaftsausschuss „für Bürgerbeteiligung und Beiratsangelegenheiten“. Seinem eigenen Statut zufolge soll dieser für „die Angelegenheiten der Beiräte, insbesondere deren Unterstützung als Instrumente der lokalen Demokratie“ zuständig sein. Doch vergangene Woche teilte die Senatskanzlei erst einmal mit, der Gesamtbeirat habe sich konstituiert. Das ließ einige aufhorchen – und munkeln, hier ginge es wohl um die Sorge Einzelner im bisherigen Gesamtbeirat, an Einfluss zu verlieren.
Tatsächlich sickert aber bei Rot-Grün die Erkenntnis durch, dass sie etwas voreilig formuliert haben und der Ausschuss schlecht die Aufgaben des Gesamtbeirates übernehmen kann, da in ihm eben nicht mehr die Vertreter der 22 Ortsbeiräte vertreten sind, sondern elf Bürgerschaftsabgeordnete. Die Beiratsvertreter haben in ihm zwar ein Rede- aber kein Stimmrecht.
Entsprechend erbost sind die Beiräte. „Ich möchte, dass der Gesamtbeirat bestehen bleibt,“ sagt die CDU-Politikerin Gabriela Piontkowski, die vom Ortsbeirat Borgfeld in den Gesamtbeirat entsandt wurde. Das würden die Ortsteilpolitiker von SPD und Grünen im Übrigen genauso sehen. Bei der konstituierenden Sitzung am Montag habe es die „einhellige Meinung“ gegeben, dass das Gremium nicht abgeschafft werden dürfe. Der neue Bürgerschaftsausschuss sei zwar „gut gemeint“, sagt Piontkowski, könne den Gesamtbeirat aber nicht ersetzen. „In dem Ausschuss sind wir sind nur Gast. Wir werden zwar aufgefordert, uns einzubringen, können aber nicht einmal Anträge stellen. Da fühle ich mich in meinen Möglichkeiten beschnitten,“ sagt Piontkowski.
Die Vorsitzende des neuen Bürgerschaftsausschusses Renate Möbius (SPD), kann das nachvollziehen. Möbius war selbst lange Zeit im Ortsbeirat Neustadt aktiv. Sie selbst hält den Gesamtbeirat für „reformbedürftig“. „Wir müssen mit den Beiräten diskutieren, ob und wie der Gesamtbeirat beibehalten werden soll und welche Kompetenzen er haben sollte.“ Dabei dürfe jedoch „kein Porzellan zerschlagen“ werden.
Bis Ende des Jahres will die Senatskanzlei jetzt nach Angaben von Senatssprecher Herrmann Kleen einen Referentenentwurf für eine Änderung des Beirätegesetzes vorlegen. Das Gesetz wäre die Voraussetzung für eine Reform des Gesamtbeirates – oder eben für dessen Abschaffung. Doch alle Beteiligten sind sich darin einig, dass das Gesetz in enger Abstimmung mit den Beiräten entwickelt werden soll. Und so wird es wohl auf eine Art Parallelmodell hinauslaufen, in dem der neue Bürgerschaftsausschuss und der Gesamtbeirat nebeneinander existieren.
Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) zumindest scheint nicht gewillt, sich sklavisch an den in diesem Fall recht forschen Wortlaut des Koalitionsvertrages zu halten. Piontkowski: „Böhrnsen ist da schon zurückgerudert. Bei einem Empfang für die Beiräte im Sommer hat er gesagt, das Vorhaben sei nicht zwingend. Wenn wir den Gesamtbeirat behalten wollen, könnten wir ihn auch behalten.“
Piontkowski hält das insgesamt für eine „wenig effektive“ Lösung: „Wofür der neue Ausschuss dann überhaupt noch gut sein soll, ist mir nicht ganz klar. Da scheint mir eher ein wenig der Show-Faktor im Vordergrund zu stehen.“