: Stegner rückt die SPD nach links
Eine Woche vor dem Bundesparteitag fährt der Chef der Nord-Sozialdemokraten klar auf Beck-Kurs und ist für eine Revision der Agenda 2010: „Wir sind nicht beim Vatikan“. Außerdem will er ins Parteipräsidium aufrücken
Mit Änderungen an der Agenda 2010 wird sich die SPD nach Einschätzung des schleswig-holsteinischen Landesvorsitzenden Ralf Stegner wieder stärker als linke Volkspartei profilieren. Beim Bundesparteitag am kommenden Wochenende in Hamburg werde sich Parteichef Kurt Beck mit seinen Positionen durchsetzen, sagte Stegner in Kiel. „Ich erwarte, dass dieser Parteitag eine große Geschlossenheit zeigen wird und den Willen, dass die SPD sich als linke Volkspartei auch praktisch darstellt, nicht nur in Parolen.“ Die SPD müsse dem subjektiven Gerechtigkeitsempfinden der Menschen gerecht werden, sagte Stegner, der derzeit noch Innenminister in Schleswig-Holstein ist.
Vor diesem Hintergrund hält der Chef der Nord-SPD eine längere Zahlung des Arbeitslosengeldes I für ältere Erwerbslose ebenso für richtig wie Sonderregelungen beim Renteneintrittsalter für Menschen, die lange körperlich hart gearbeitet haben. „Die Arbeitnehmer müssen wissen: Sie brauchen mit ihren Interessen weder zu einer Protestpartei laufen, die sich Linkspartei nennt, noch zu den Produktpiraten bei den Konservativen“, sagte Stegner. Sein Ziel: Die Gewerkschaften wieder ins Boot holen: Denn die SPD könne „nicht Mehrheiten gewinnen ohne Unterstützung der Gewerkschaften“.
Wer wolle, „dass wir zum Beispiel den Mindestlohn bekommen, der muss die SPD stärken, sonst wird das nix“. Es gebe aber keine Generalrevision der Sozialreformen aus der rot-grünen Regierungszeit. „Die waren notwendig und die Weichenstellungen waren auch richtig“, so Stegner, „Wir sind aber nicht beim Vatikan, wo es Diskussions- und Denkverbote gibt.“ Dass Wirtschaftsinstitute und Unternehmerverbände die SPD-Pläne als falsch einstuften, überrasche ihn nicht, sagte Stegner. „Aber in der Demokratie das zu tun, was die Mehrheit der Menschen richtig findet, das kann ich nicht falsch finden.“
Verstärken will Stegner seine bundespolitische Präsenz: So rechne er sich Chancen aus, auf dem Bundesparteitag ins Präsidium der SPD aufzurücken. Er kämpfe für ein gutes Ergebnis bei der Vorstandswahl, erklärte er gegenüber den Lübecker Nachrichten. Und dann? „Schauen wir mal.“ DPA