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Archiv-Artikel

Nicht blind, nur lahm

In Spandau wird ein Schwarzer angegriffen und als „Nigger“ beschimpft. Polizei sieht zunächst keinen fremdenfeindlichen Hintergrund. Erst nach Medienberichten korrigiert sie ihre Sicht der Dinge

VON NINA APIN

Länger als 24 Stunden hat die Berliner Polizei gebraucht, um die Fremdenfeindlichkeit einer Straftat zu erkennen. Unter der lapidaren Überschrift „Pärchen angegriffen“ lief Samstag über den Polizeiticker die Nachricht, dass am Freitagabend ein US-Amerikaner und seine Freundin in Spandau angegriffen wurden. Vier Männer im Alter von 16, 17 und 19 Jahren hätten die junge Frau zu Boden gestoßen und ihren Freund „aufgrund seiner Hautfarbe“ beleidigt, niedergeschlagen und getreten, so der Polizeibericht. Am Ende der Meldung stand dennoch der überraschende Satz: „Hinweise auf eine fremdenfeindliche Tat liegen nicht vor.“

„Spiegel Online“ veröffentlichte am selben Tag die widersprüchliche Meldung und hob die Bewertung der Polizei hervor. Keine fremdenfeindliche Tat trotz Beleidigung „aufgrund der Hautfarbe“? Verharmlost die Polizei rassistische Angriffe?

Am Sonntag ruderte die Polizei schließlich zurück. Es handele sich um einen „internen Fehler“, sagte Pressesprecherin Kerstin Ziesmer der taz. Ein Kollege habe aus Versehen den verharmlosenden Nachsatz in die Meldung kopiert. Inzwischen gehe man aufgrund von Zeugen- und Opferaussagen von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus, der Staatsschutz ermittle, so Ziesmer.

Am Sonntagnachmittag hatte sich die Polizeipressestelle dann offenbar zu einer gänzlichen Neubewertung des Falls entschlossen: „Übergriff auf farbigen US-Amerikaner“ lautete die Überschrift diesmal. In der Meldung ist nun zu lesen, dass die Angreifer ihr Opfer als „Nigger“ beschimpften, mit Flaschen nach dem Pärchen warfen und noch auf den Mann eintraten, als dieser längst am Boden lag.

In der ursprünglichen Meldung fehlten Hinweise auf die Hautfarbe des Opfers ganz. Nicht nur das hat die Polizei inzwischen erfolgreich nachrecherchiert: Das Alter des Mannes, das am Samstag noch innerhalb des Textes zwischen 35 und 37 schwankte, wurde nun auf eindeutige 34 Jahre festgesetzt.