: Gott zum Gruße
KRIEGSBRIEFE Rund 1.500 Feldpostbriefe von den Fronten des Ersten Weltkriegs erreichten den Vegesacker Pastor Ernst Baars: Shakespeare-Company und Geschichtsseminar nutzen sie für eine szenische Lesung
DR. EVA SCHÖCK-QUINTEROS,GESCHICHTSWISSENSCHAFTLERIN UND PROJEKTLEITERIN
Ausgewählte Feldpost-Briefe aus dem Ersten Weltkrieg bringt die Bremer Shakespeare Company (BSC) als szenische Lesung auf die Bühne: Dabei bedient sie sich aus einem Korpus von insgesamt 1.500 Soldaten-Schreiben, die an den evangelischen Pastor Ernst Georg Baars adressiert waren: Der Geistliche predigte von 1896 bis zu seiner Absetzung 1928 an der Vereinigten Evangelisch-Protestantischen Kirchengemeinde zu Bremen-Vegesack.
Geschichtsstudierende der Bremer Uni haben unter Leitung der Historikerin Eva Schöck-Quinteros die aus ganz Europa von den Fronten oder aus Kriegsgefangenenlagern berichtenden Briefe erstmals archivarisch erschlossen: Neben ihrer Systematisierung, der Edition ausgewählter Stücke und der Rekonstruktion von Biografien der Urheber wurden einige der aus den Beständen des Archivs des Heimatmuseums im Schloss Schönebeck stammenden Dokumente für die szenische Lesung ausgewählt, die das seit acht Jahren von BSC und Uni betriebene Kooperationsprojekt „Aus den Akten auf die Bühne“ fortsetzt. Sie trägt den Titel „Wie glücklich müssen wir sein, den Krieg nicht im Lande zu haben!“.
Der liberale Baars, der nach dem Krieg zu den Gründern der Deutschen Friedensgesellschaft zählte, habe über die Briefe in regem Kontakt zu seinen Gemeindemitgliedern gestanden, erläuterte Projektleiterin Schöck-Quinteros. Vor allem ehemalige Konfirmanden hätten ihn über ihr Schicksal unterrichtet. „Zurück kamen Danksagungen für Briefe und Geschenke, persönliche Berichte vom Kriegsgeschehen und aus der Gefangenschaft, politische Einschätzungen – und immer wieder die Hoffnung auf Sieg und Frieden.“
Von der BSC sind Christian Bergmann und Peter Lüchinger beteiligt. „Die Zusammenarbeit zwischen Theater und Uni klappt vorzüglich“, sagte Schöck-Quinteros. Begleitend zu der Lesung haben Studierende eine Dokumentation erarbeitet, in der es unter anderem um die Biografie von Baars, um das Medium Feldpost sowie um Militärseelsorge und Kriegsgefangenschaft geht.
Unter dem Reihentitel „Aus den Akten auf die Bühne“ sind seit 2007 bislang sechs dokumentarische Theaterprojekte zur neusten Geschichte entstanden – jeweils mit lokalem Bezug: Ziel ist es unter anderem, diese Themen anschaulich zu vermitteln. Bisher gab es sechs Produktionen, beispielsweise zur Ausweisung „lästiger Ausländer“ in der Weimarer Republik, zu NS-Terror und Entnazifizierung sowie zu einer Aufseherin aus dem KZ Auschwitz. (epd/taz)