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Archiv-Artikel

Die Kuschel-Koalition

SPD/GRÜNE Das neunte rot-grüne Bündnis auf Länderebene steht bevor. Die potenziellen Konfliktpunkte zwischen den kommenden Partnern sind rar

HAMBURG/BERLIN taz | Olaf Scholz hatte sich schon vor der Wahl festgelegt. Wenn Koalition, dann nur mit den Grünen. Mit ihnen werde er „zuerst sprechen“ und danach wohl mit keiner anderen Partei. Denn Hamburgs SPD-Bürgermeister, als beinharter Verhandler bekannt, ist sicher, dass ein rot-grünes Bündnis gelingen wird. Tatsächlich scheint es in Hamburg kaum unüberwindbaren Hürden zwischen den beiden Partnern in spe zu geben. Er rechne nicht damit, „dass bei den Grünen jemand Vabanque spielt und unangemessene Vorstellungen davon hat, was das Wahlergebnis ermöglicht“, kühlte Scholz aber noch am Wahlabend das grüne Mütchen.

Auch die Grünen setzen auf eine Koalition mit der SPD. Nach einer Legislaturperiode in der Opposition wollen sie endlich wieder mitregieren und sich ihre bundesweit neunte Regierungsbeteiligung auf Landesebene sichern. Ihre Partei werde sich aber „nicht billig verkaufen“, kündigte Parteichefin Simone Peter am Montag nach der Vorstandssitzung in Berlin an, ohne inhaltlich ins Detail zu gehen. Peter lobte stattdessen den Erfolg in Hamburg – die 12,2 Prozent dort seien „ein schönes Ergebnis“.

Im Wahlkampf hatten die Grünen vor allem eine Wende in der SPD-Verkehrspolitik gefordert, die für sie eine „Politik durch die Windschutzscheibe“ ist. Hier liegen die größten Knackpunkte. Während die SPD ein millionenteures Busbeschleunigungsprogramm aufgelegt hat, setzen die Grünen vor allem auf die Einführung einer Stadtbahn. Die aber lehnt Scholz ab. Weniger Probleme hat die SPD mit der von den Grünen geforderten Stärkung des Radverkehrs durch den Ausbau des Radwegenetzes. Aus diesen drei Komponenten gilt es nun für die Koalition ein schlüssiges Gesamtkonzept zu schmieden.

Daneben wollen die Grünen Stadtteilschulen und Hochschulen finanziell stärken, die Bürgerbeteiligung ausbauen und die Flüchtlingspolitik humaner gestalten. Hier geht es ihnen um dreierlei: Die Integration der Flüchtlinge in das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt, einen Abschiebestopp in Härtefällen und eine Lösung für die Gruppe der „Lampedusa-Flüchtlinge“, die derzeit ohne echte Perspektive in Hamburg geduldet werden. Daneben muss noch ein gemeinsamer Kurs für eine von der SPD vorangetriebene Olympia-Bewerbung Hamburgs gefunden werden, der die Grünen kritisch, aber durchaus nicht ablehnend gegenüberstehen.

So muss die SPD nur ein wenig Geld in die Hand nehmen, und den Grünen drei SenatorInnenposten reservieren, um sie einzukaufen. „Wenn Scholz anruft, werde ich natürlich rangehen“, macht sich die FDP-Wahlgewinnerin Katja Suding zwar noch leise Hoffnung auf eine Einladung des Bürgermeisters zu Sondierungsgesprächen, doch klar ist: Sudings Handy wird wohl schweigen.

MARCO CARINI, ASTRID GEISLER