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Archiv-Artikel

SOUNDTRACK

Eine Straße im Staub, darauf ein Auto, zusammengehalten von nichts, davor Hanni El Khatib in einem Anzug aus Schweiß. In seiner Heimat schickt sich der in Los Angeles lebende Sohn philippinischer und palästinensischer Einwanderer derzeit an, als perfekt aufgemachter Nachfahre des von zornigen und gut gekleideten jungen Männern geprägten 50er-Jahre-Rock’n’Roll einzuschlagen. Zornig ist er möglicherweise auch, gut gestylt in jedem Fall, so dass er auch hell strahlt, wenn er mal schmutzig ist. Viele werden das zu sehr als Masche empfinden – was es zweifelsohne ist. El Kathib, auf Tour wird der Mann durch einen scheppernden Schlagzeuger zum Duo, ist aber musikalisch zu abgezockt, als dass man ihn unbesehen in die Ablage tun kann. Was bei den White Stripes zu letztlich doch arg sauberem Handwerk verkommt, wird hier nämlich als eine um diverse Grade roher ausfallende Essenz von Garage-Rock und Rhythm & Blues verabreicht, in der zudem der in etwa 20 Jahren aufkommende Punk bereits bedrohlich mitschwingt. Nach eigener Aussage hat El Kathib seine Lieder für Leute geschrieben, die angeschossen oder vom Zug angefahren wurden. Dabei klingen sie so, als sei es ihnen selbst passiert, und das muss so ein Lied auch erst mal schaffen. Sa, 5. 11., 21 Uhr, Molotow Bar, Spielbudenplatz 5

Eins waren die Mekons sicher nie: Eine Band für den Massengeschmack. Dies galt mit ihrer Gründung 1977 für den gesamten Pop-Betrieb, der ihnen so verwirrt gegenüberstand, wie sie ihm ablehnend. Sie waren aber auch keine Band für die Subkultur, letztlich nicht einmal für jene, aus der sie selbst hervorgingen. Für Pop und Punk erwies sich die Bands aus Leeds letztlich wahlweise als zu clever oder zu sperrig oder zu beweglich. Was das im Einzelnen bedeutet, kann auf mittlerweile 26 Platten nachvollzogen werden, die die Mekons in den vergangenen 34 Jahren veröffentlicht haben. Standen die Mekons anfänglich noch stark für jene Art von politisch wie kunststudentisch inspiriertem Punk, wie ihn Gang of Four popularisierten (allerdings deutlich stärker durchsetzt von der Lust an musikalischer Destruktion), so begannen sie nach dem gemeinsamen Umzug der Bandmitglieder in die USA zunächst mit Elementen traditioneller Musik zu experimentieren und in diesem Zuge einen Stil zu kreieren, der heute in unterschiedlichen Spielarten eine Art Markenzeichen darstellt und dessen Grundelemente neben Country, Reggae, Dub und Folk sind. Ihre Sperrigkeit hat sich die Band dabei bewahrt. Mo, 7. 11., 20 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36

„Der tolle alte Mann“, rufen alle. Er hat schon ungezählte Schicksalsschläge erlitten, die Zeit der Prohibition mit Schwarzbrennerei überbrückt, viele Weggefährten (Hank Williams, Eddie Hinton, Jonny Cash und weitere) eigenhändig unter die Erde gebracht. Jetzt sitzt er seit vielen Jahren schon auf seiner Farm in der amerikanischen Kornkammer herum, und wenn er nicht raucht, ein Pferd striegelt oder einen Mais aberntet, um ihn über offenem Feuer zu grillen, dann greifen die gichtigen Finger nach Gitarre oder Banjo und er begleitet seine mal wehmütigen, mal politischen Lieder mit vernarbter tiefer Stimme. Der tolle alte Mann heißt William Elliott Whitmore, ist 33, und wenn man eins unwidersprochen sagen darf, dann wohl, dass hier einer nicht nur einfach Country kann, sondern auch den Blues hat. Es knarzt und knödelt, es ist minimalistisch und puristisch, gleichzeitig aber auch kraftvoll und im positiven Sinne geerdet, dass es bei aller Wehmut eine große Freude ist, dem sozusagen jungen Hüpfer zuzuhören. „Ach so“, rufen da die Leute. Aber das mit dem Rauchen, dem Whisky und der Farm stimmt natürlich trotzdem. Mi, 9. 11., 20.30 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84 NILS SCHUHMACHER