Unterm Fernsehturm hübsch zur Schau gestellt

LEICHEN Heute eröffnet das „Menschen Museum“ von Gunther von Hagens für die Öffentlichkeit

Gunther von Hagens erschien am Dienstag im rotbraunen Samtjäckchen und mit obligatorischem Hut, denn nun endlich feiert sein „Menschen Museum“ Eröffnung. „Es ist der Höhepunkt meiner Karriere“, sagt der schwer an Parkinson erkrankte 70-Jährige. Dann will er in seiner Rede fortfahren, will erzählen, wie er die Plastination erfand und warum, weil er sich nämlich vor den Präparaten im Anatomiekurs so gefürchtet habe.

Doch die Gedanken entfliehen ihm. Undeutlich versteht man: „Eine fremde Macht greift nach meinem Körper.“ Dann bittet von Hagens’ Ehefrau Angelina Whalley um Verständnis: „Es ist nicht nur die Krankheit, die ihm ein Schnippchen schlägt.“ Vielmehr liege ein zu langer und emotional geführter Kampf hinter Gunther von Hagens. Ein Kampf, den er nur in Deutschland hätte führen müssen, obwohl die „Körperwelten“ auch in 22 anderen Ländern gezeigt wurden. Ein Kampf, den nicht jeder durchgestanden hätte. „Das ist dein großes Verdienst“, sagt sie.

Auf die Idee mit der Plastination kam von Hagens 1977. Ursprünglich fertigte er seine Präparate nur für die Ausbildung von Medizinern. Erst 1995 zeigte er sein Werk der Öffentlichkeit, das war in Tokio. „Damals waren die Plastinate noch nicht so spektakulär und so ästhetisch wie heute“, erzählt Whalley, die die „Körperwelten“ kuratiert. Die Plastinate würden so tot aussehen, habe man ihnen vorgeworfen. 20 Jahre und 40 Millionen Besucher später ist zumindest dieser Vorwurf ausgeräumt.

Die Ausstellung ist in fünf Abschnitte eingeteilt: Bewegungsapparat, Stoffwechsel, vorgeburtliche Entwicklung, Atmung und Kreislauf sowie Nervensystem. Es gibt 200 kleine und 20 große Plastinate zu sehen: „Der Ringturner“, „Die Balletttänzerin“ oder „Die Bogenschützin“. Bei diesen häufig in Bewegung gezeigten Plastinaten sieht und spürt man das Lebendige, es ist faszinierend.

„Nur auf Kommerz aus“

„Pietätlos“, „mit der menschlichen Würde nicht vereinbar“, „nur auf Kommerz ausgerichtet“ – so lauten Kommentare, wenn man sich auf der Straße über die „Körperwelten“ umhört. Doch viele Menschen fühlen sich angesprochen, 15.000 Körperspender haben sich seit 1982 bei von Hagens gemeldet.

Auch von Hagens will sich nach seinem Tod plastinieren lassen, erklärt Rurik von Hagens, kaufmännischer Leiter der „Körperwelten“. Zunächst habe sein Vater überlegt, seinen Körper als Scheibenpräparat herrichten zu lassen, da er so an mehreren Orten gleichzeitig weilen könne. Seine Frau jedoch überzeugte ihn dann von einem Ganzkörper-Plastinat. „Aber“, betont Whalley, „noch ist mein Mann quietschlebendig.“ UTA EISENHARDT

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