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Archiv-Artikel

Eine peinliche Affäre für Netanjahu vor der Wahl

ISRAEL Der Rechnungshof wirft dem Regierungschef und seiner Frau Verschwendung vor

Die Netanjahus verteidigen sich mit einem Videoclip über ihr Haus

JERUSALEM taz | Teure Kleidung und Kosmetik, regelmäßige Cateringbestellungen trotz hauseigener Köchin, und für das Putzen der privaten vier Wände hat die Familie Netanjahu horrende Summen ausgegeben. Der am Dienstagnachmittag veröffentlichte Bericht des Rechnungshofs bestätigt, dass Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und seine Frau Sara es sich gut gehen lassen – auf Kosten des Steuerzahlers.

Einen Monat vor der Parlamentswahl soll der Bericht aufräumen mit den Gerüchten über die Verschwendungssucht der Netanjahus, die ausgelöst wurden von der Pfandflaschenaffäre der First Lady. Sara Netanjahu soll das Pfandgeld für das Leergut Zigtausender Flaschen in die eigene Tasche gesteckt haben.

Noch lassen sich die Wähler von dem Skandal nicht beeindrucken. Die Frau des Regierungschefs ist bekannt für ihre Wutausbrüche, ihren Größenwahn und ihre Geldgier.

Um ihr Image geradezurücken, gingen die Netanjahus Anfang der Woche mit einem Videoclip an die Öffentlichkeit, in dem die First Lady einem aus dem Fernsehen bekannten Designer ihr „armseliges“ Heim demonstriert. Ausgerechnet in ihrem Zimmer klemmen die Fenster, so zeigt der Clip, an den Küchenschränken wellt sich die Verkleidung, und der Teppich in der Eingangshalle, in der auch Staatsgäste empfangen werden, wurde erst gewechselt, als er Löcher vorwies.

Die trockenen Zahlen des Rechnungshofs lassen sich mit dem Video hingegen kaum entkräften. Die exzessiven Ausgaben der vergangenen sechs Jahre von Netanjahus Regierungszeit schwanken. So reichte 2009 gut eine halbe Million Schekel (112.000 Euro) pro Jahr, um die privaten Häuser der Netanjahus sauber zu halten. Zwei Jahre später floss schon doppelt so viel, rund 1,1 Millionen Schekel (250.000 Euro), an die Putzkolonnen. Anschließend gingen die Ausgaben nach öffentlicher Kritik wieder leicht zurück.

Die Verteidigungskampagne von Netanjahus Partei Likud konzentriert sich auch auf die Lernfähigkeit im Hause Netanjahu. Schuld sei der inzwischen entlassene Hausmeister. „Netanjahu ist verantwortlich für den Staat, nicht für sein Haus“, resümierte Verteidiger David Schimron, der an dem Bericht moniert, dass er keine Vergleiche zieht. Schimon Peres, so verlautete aus Likud-Reihen, habe auch nicht gespart, als er noch Staatspräsident war.

Unklar bleibt vorerst, ob Grund für weitere Untersuchungen von möglicherweise strafbaren Handlungen vorliegt. Joseph Schapira, Chef des Rechnungshofs, sprach von „unethischem Handeln“ und schickte seine Ergebnisse zur weiteren Prüfung der Sachlage an den Oberstaatsanwalt. SUSANNE KNAUL