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Archiv-Artikel

POLITIK

sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

JÖRG SUNDERMEIER

Am Donnerstag wird in der Galerie Olga Benario (Richardstraße 104, 19.30 Uhr), in der noch immer eine Erich-Mühsam-Ausstellung stattfindet, über die Proteste und Selbsthilfe in Berliner Mietskasernen Anfang der Dreißigerjahre gesprochen. Der Zeitraum ist interessant, denn in dieser Zeit waren Selbsthilfegruppen zumeist von Parteien organisiert. Simon Lengemann nun wird erklären, wie und warum sich die Mieter_innen damals selbst zur Organisation entschlossen haben. Unweit des Standorts der berüchtigten, in den 70er Jahren abgerissenen Mietskaserne „Richardsburg“, die dort stand, wo sich heute der Commenius-Garten befindet, ist das auch ein lohnenswerter Ausflug in die Stadthistorie.

An diesem Wochenende wird zudem der 25. Jahrestag der Besetzung der Köpi begangen, schon die Freitagnacht gehört den Bands und DJs, doch angesichts all der Programmhöhepunkte sei hier nur auf das „vegane Weißwurstfrühstück“ verwiesen, das am Sonntagmittag im Ostraum des gefeierten Gebäudes (Köpenicker Straße 137) stattfinden wird und Nochwache und Wiedererwachte zu weiteren Feiereien anstiften soll

Am Montag wird in der JUP (Florastraße 84, 19 Uhr) über „Fatshaming und Lookism“ gesprochen, also über den Aussehenswahn und die Diskriminierung all jener, denen der Kapitalismus ihren Körper noch nicht „optimiert“, also zurückverkauft hat. Die Referentin Anna will zeigen, dass man, egal wie „gut“ man sich ernährt, nicht zwangsläufig zu einem „guten Körper“ gelangen kann und wie sehr sich unser Menschenbild inzwischen an jenen Bildern orientiert, die Werbung und Modeblätter auch nur noch mithilfe von Bildbearbeitungsprogrammen hinbekommen können. Der Workshop, den der Antifa-Tresen ausrichtet, soll nun dazu dienen, sich selbst gegen diese Vorurteile zu wappnen – egal, wie man aussieht. Auf Annas Blog fatisfine.wordpress.com kann man sich vorab über viele der hier zu verhandelnden Fragen informieren.

Die Baiz (Schönhauser Allee 26a, 19 Uhr) schließlich wird am Mittwoch zum Lernort – es wird an das Attentat auf die „Germania“ von 1885 erinnert. Am 28. 9. vor 130 Jahren versuchten anarchistische Arbeiter den Deutschen Kaiser mitsamt seiner Vasallen anlässlich der Einweihung des „Germania“-Denkmals in Rüdesheim zu ermorden, doch der Sprengsatz zündete nicht, die mutmaßlichen Attentäter wurden enthauptet. Hier allerdings soll nicht nur eine Geschichtsstunde gegeben werden – es wird zudem gefragt, was insurrektionalistische, also illegalistische Tendenzen im Anarchismus heute noch zu bewirken vermögen.