Poroschenko verlangt eine EU-Polizeimission

UKRAINE II Der Vorschlag des ukrainischen Präsidenten erscheint eher als eine ebenso späte wie hilflose Geste. Er dürfte weder bei der UNO noch in europäischen Staaten auf sonderliche Gegenliebe treffen

AUS GENF ANDREAS ZUMACH

Der Vorschlag des ukrainischen Präsidenten Poroschenko für eine vom UN-Sicherheitsrat mandatierte internationale Präsenz in der Ostukraine kommt ein Jahr zu spät und ist in seinen entscheidenden Details unrealistisch. Schon im Februar 2014 wäre angesichts des damals bereits erreichten Eskalationsniveaus im Ukrainekonflikt eine Vermittlung durch einen UN-Gesandten aus einem Land außerhalb der direkt oder indirekt am Konflikt beteiligten Mitgliedsstaaten von Nato, EU und OSZE der richtige Weg gewesen. Und spätestens im März wäre angesichts der drohenden Annexion der Krim durch Russland und der absehbaren militärischen Konfrontation in der Ostukraine auch die Stationierung von UN-Blauhelmtruppen oder zumindest einer UN-Polizeimission in der Ukraine angebracht gewesen. Derartige Forderungen und Vorschläge wären auch vor einem Jahr schon laut geworden, fände der Konflikt nicht in Europa statt, sondern in Afrika, Asien oder Lateinamerika .

Doch die Staaten Europas glauben, sie würden die UNO nicht benötigen zur Bewältigung von Konflikten in ihrer Weltregion. Diese Selbstüberschätzung wurde auch durch das katastrophale Versagen der europäischen und transatlantischen Institutionen in den Jugoslawienkonflikten der 90er Jahre nicht ernsthaft erschüttert.

Poroschenkos Vorschlag ist aus mehreren Gründen unrealistisch: Die EU als am Konflikt beteiligte Partei kommt aus Sicht der Konfliktparteien Russland und der Aufständischen in der Ostukraine noch weniger in Frage, als die von ihnen auch nur mit großem Widerstreben geduldete und von den Aufständischen erhebliche behinderte Beobachtermission der immerhin gesamteuropäischen OSZE. Das von Poroschenko angestrebte Mandat des Sicherheitsrates wird am Veto Russlands scheitern. Natürlich hätte die ukrainische Regierung das Recht, eine EU-Polizeimission auch ohne UNO-Mandat auf ihr Territorium einzuladen. Doch ohne Mandat dürfte die Bereitschaft von EU-Mitgliedsstaaten, für diese Mission Personal abzustellen, sehr gering sein. Selbst wenn eine EU-Polizeimission zustande käme, gibt es keinen Grund für die Annahme, eine leicht bewaffnete Polizeitruppe würde sich erfolgreicher gegen schwer bewaffnete Gegner durchsetzen, als die unbewaffneten Beobachter der OSZE, denen von den Aufständischen der Zutritt zum Konfliktgebiet verwehrt wurde.