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Archiv-Artikel

Die Früchte der Millionen

Nach den mageren Augenthaler-Jahren hat der VfL Wolfsburg unter Felix Magath zum Fußball als Unterhaltungskunst zurückgefunden. Das 3 : 1 gegen Nürnberg war ein schönes Beispiel dafür, wie der Kader verstärkt wurde

Der VfL Wolfsburg spielt wieder Fußball. Das klingt lapidar, ist aber zumindest für alle jene angenehm, die deshalb ins Stadion gehen, weil sie guten Fußball erleben möchten. Das 3 : 1 gegen den 1. FC Nürnberg war nicht nur das beste Spiel unter Felix Magath, es war vermutlich das beste Heimspiel seit Herbst 2004. Das Team hat erstmals die gestiegene Qualität des Kaders in teilweise sehenswerten Kombinationsfußball umgesetzt.

„Man muss nur mal auf die Bank der Wolfsburger sehen, was da sitzt“, sagte Nürnbergs Trainer Hans Meyer, das sei „unglaublich“. Er schwärmte von der „Klasse eines Marcelinho, der Klasse eines Grafite, der Klasse eines Dejagah“. Nicht auszuschließen, dass Meyer damit die eigene, ungenügende Leistung relativieren wollte. Im Vorjahr spielte der Club über seine Verhältnisse, jetzt hat er sichtbar mit dem Jahr danach zu kämpfen. Deshalb waren die Stärke der einen und die Schwäche der anderen kaum auseinanderzuhalten.

Jedenfalls war es das erste Mal nach den – zumindest unter Unterhaltungsaspekten – verlorenen Augenthaler-Jahren, dass der VfL ein Heimspiel richtig dominierte, stellenweise sogar Tempo-Kombinationsfußball hinbekam. „30 Millionen Euro“ stöhnte Meyer, habe Magath investieren können. Stimmt: Mit Josué, Grafite, Simunek, Radu, Munteanu, Dejagah, Džeko, Costa ist der Kader besser und tiefer geworden. Der brasilianische 7,5-Millionen-Euro-Mann Grafite hat seine anfangs weltrekordverdächtige Zahl seiner Stürmerfouls deutlich reduziert und mit dem Treffer zum 2 : 0 sein kraftvoll-kantiges Keilstürmerspiel auf den Punkt gebracht (34.). Sein Landsmann Josué hat das Problem auf der Sechserposition behoben. Er organisiert die Defensive mit großem läuferischen Aufwand und fast ohne Fouls, gestaltet zudem die Offensive mit und bereitet auch noch Tore vor, diesmal Dejagahs 3 : 1 (67.).

Bei Magaths Vorgänger Augenthaler hatte die Defensive zeitweise sehr effizient gearbeitet, aber das Offensivspiel bestand nur aus Standards und Flugbällen. Jetzt agiert mit Marcelinho, Dejagah und diesmal Munteanu eine Dreierachse hinter Grafite, die Offensivzweikämpfe immer gewinnen kann.

Die größte mediale Aufmerksamkeit verbuchte selbstredend der im Iran geborene Ashkan Dejagah, 21, der es im letzten Monat zum Leitartikel-Thema gebracht hatte, nachdem er ein Juniorenländerspiel für den DFB in Israel abgesagt hatte. Dejagah spielt derzeit erstaunlich stark und paart am rechten Flügel eine außergewöhnliche Offensivzweikampfstärke mit engagiertem und laufaufwändigem Defensivspiel. Da bietet sich doch die berühmte Frage an, wann er denn in der A-Nationalmannschaft …? „Das dürfen Sie mich nicht fragen“, sagte Magath. Ach, richtig, in Wolfsburg vergisst man manchmal, dass Magath nur in Wolfsburg alles bestimmt.

„Ein kleiner Schritt nach vorn“ sei geschafft, sagt der Chef. Aber so klein ist er gar nicht. In der Dreiklassengesellschaft Bundesliga ist der VfL jetzt sowohl tabellarisch als auch spielerisch aus der dritten in die zweite Klasse zurückgekehrt. PETER UNFRIED