: Tütentragen statt Suppenküche
ARBEITSLOSE Viele Stadtteilprojekte werden bei Neuverteilung der Ein-Euro-Jobs im kommenden Jahr leer ausgehen. Betroffener Träger will dagegen klagen
KERSTEN TORMIN, „MOOK WAT“
Neuer Ärger um Ein-Euro-Jobs: Die Ergebnisse eines „Interessenbekundungsverfahrens“ hat jetzt das von Stadt und Arbeitsagentur betriebene Team Arbeit Hamburg (TA) vorgelegt. Daraus geht hervor, wie die verbleibenden 3.120 Ein-Euro-Jobs im kommenden Jahr verteilt werden sollen: Projekte in ärmeren Quartieren wie die Stadtteilküche „Pottkieker“ in Dulsberg, die Essensversorgung für Wohnungslose in der Neustadt oder auch die Wilhelmburger Tafel gehen demnach leer aus. Etliche Plätze dazu bekommt hingegen ein Träger des Einzelhandelsverbandes – dessen Kräfte unter anderem Senioren beim Tragen von Einkaufstüten helfen.
Noch im September hatte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) verkündet, die Bezirke sollten in der Sache maßgeblich mitreden. Doch viele Projekte von lokalpolitischem Nutzen bekamen die gar nicht zu sehen. So etwa den Antrag, den Kersten Tormin vom Träger „Mook wat“ für den Pottkieker stellte. Auch sein Dolmetscherprojekt für junge MigrantInnen und ein Haushaltsservice für arme Senioren kam nicht auf Vorschlagliste. „Keiner ist aus Qualitätsgründen abgelehnt“, sagt Tromin. „Alle nur wegen formaler Geschichten.“
TA und Arbeitsagentur hätten fast 40 Prozent der Anträge aussortiert, sagt Petra Lafferentz, Sprecherin der Hamburger Beschäftigungsträger. „Eine Orientierung an bezirklichen Prioritäten wurde direkt verhindert.“ Dabei sei ein „Quartiersbezug“ bei den Arbeitsgelegenheiten vertraglich festgelegt.
Die TA war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen, hatte sich aber schon vor einer Woche im Netz geäußert: Es habe 355 Angebote gegeben, von denen 30 „unvollständig“ gewesen seien, heißt es da. Weitere 107 hätten nicht die gesetzlichen Vorgaben wie „Zusätzlichkeit, Wettbewerbsneutralität und öffentliches Interesse“ erfüllt. „Es ging zu allererst um die Bedarfe unserer Kundinnen und Kunden“, erklärte TA-Chef Friedhelm Siepe.
Tormin überzeugt das nicht, er will jetzt klagen. „Unsere Projekte galten 20 Jahre als förderungsfähig. Warum jetzt auf einmal nicht mehr?“ Es seien vor allem Projekte „mit realen Arbeitsinhalten“ rausgefallen. Die genehmigten dagegen hätten meist wenig konkreten Inhalt, fielen in die Kategorie „Malen nach Zahlen“, ergänzt Lafferentz.
Sie hofft, dass es auch in der SPD Unzufriedenheit mit dem Ergebnis gibt. „Noch ist Zeit zum Umsteuern“, sagt Lafferentz: Konkrete Anträge würden erst jetzt bearbeitet. So könnte, ähnlich wie in anderen Großstädten, ein höherer Prozentsatz der Arbeitsmarktmittel für Langzeitarbeitslose eingesetzt werden.
Außerdem, so die Forderung, solle die Stadt die geplanten 40 Sozialarbeiterstellen dezentral vergeben. Zusammen mit Geld von der Stadtentwicklungsbehörde ließe sich vielleicht noch etwas retten. KAIJA KUTTER