KINDER HINTER MAUERN
: Laut sind immer nur die anderen

Lärm sei „ein selbstverständlicher Ausdruck kindlicher Entfaltung“, meint der Hamburger CDU-Senat. Das ist schön, hilft dem Kindergarten „Marienkäfer“ aber nicht weiter: Der muss sein mühsam gefundenes neues Domizil nun mit einer zwei Meter hohen Mauer abriegeln, weil Nachbarn Lärmbelästigung befürchten.

Kommentar von DANIEL WIESE

Hamburg-Marienthal ist ein ist ein gar nicht so schlecht situierter Stadtteil, überproportional viele CDU-Wähler wohnen dort, mehr Alte und weniger Junge als anderswo. Sind es also wieder mal die bösen Alten, die die Kinder vertreiben, die sie selbst für ihre Rente ja nicht mehr brauchen?

So einfach ist es nicht: Was die Lärmempfindlichkeit angeht, sind junge Familien ganz vorne mit dabei. Das können die Bars und Kneipen bezeugen, die trotz ihrer Lage in einschlägigen Ausgehvierteln ihre Stühle spätestens um Mitternacht einpacken müssen. Warum? Junge Eltern, gestresst von der Doppelbelastung – Job und Kinder – haben einen leichten Schlaf, die Kleinen sowieso. Und schon klingelt das Telefon.

Weil der Deutsche privat gern seine Ruhe hat, hat er Worte wie „Lärmbelästigung“ oder „Ruhestörung“ erfunden. Insofern bekommen die Eltern der „Marienkäfer“-Kinder also nur zurück, was ihresgleichen austeilen. Eine Lösung für das Problem gibt es nicht. Oder doch – auswandern?