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Archiv-Artikel

Eilige Neuordnung

Der Bund plant ein einheitliches Umweltgesetzbuch. „Dabei ist er viel zu halbherzig“, kritisieren Ökoverbände

BERLIN taz ■ „Deutschland verspielt eine große Chance“, kritisierte Regine Barth vom Öko-Institut die ersten Entwürfe für das geplante Umweltgesetzbuch (UGB). Auf einer Tagung in Berlin diskutierten jetzt mehrere Umweltverbände die Pläne der Bundesregierung. „Die Entwürfe sind zu zögerlich, es fehlen anspruchsvolle neue Standards“, betonte Barth.

Das UGB soll weite Teile des Umweltrechts zusammenfassen, harmonisieren und anwenderfreundlich gestalten. „Die Standards sollen nicht abgesenkt werden“, versicherte Astrid Klug (SPD), parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium. Im Januar 2009 soll das Projekt in Kraft treten.

In Arbeit ist es bereits seit 15 Jahren. Nun aber drängt die Zeit. Seit der Föderalismusreform hat der Bund weitreichende Kompetenz für das Umweltrecht. Die Länder dürfen zwar künftig ihr eigenes Ding machen – aber erst in der nächsten Wahlperiode ab 2010. „Wenn wir jetzt schnell ein für alle attraktives Umweltgesetzbuch schaffen, werden die Länder keine Motivation haben abzuweichen“, so Klug.

Der Konsensdruck führt allerdings dazu, dass ambitionierte Vorschläge keine Chance haben. Aussichtslos ist etwa die Forderung Rainer Baakes von der Deutschen Umwelthilfe, die Genehmigungsanforderungen für Kohlekraftwerke zu verschärfen. „Es kann nicht sein, dass heute noch Kraftwerke ohne CO2-Abscheidung unbefristet genehmigt werden“, schimpfte Baake, der unter Rot-Grün selbst Umweltstaatssekretär war. „So wird die Bundesregierung ihre Klimaziele kaum einhalten.“

Doch Klug winkte ab: „Wenn wir mit solchen Plänen anfangen, bekommen wir das UGB nie durch.“ Im Gegenzug versprach Tanja Gönner (CDU), die Umweltministerin Baden-Württembergs: „Bei den Ländern gibt es bisher keine Pläne, vom entstehenden UGB abzuweichen. Und wir drohen auch nicht damit.“

Der Eindruck drängte sich auf, dass Umweltpolitiker von Bund und Ländern sich abgesprochen haben, nur den Status quo neu zu sortieren und alle substanziellen Änderungswünsche abzulehnen – auch die von Industrie und Wirtschaftsministern nach einer Verwässerung.

Die ersten Referentenentwürfe will die Bundesregierung Mitte November vorstellen. Insgesamt sollen in dieser Wahlperiode sechs Teile des UGB entstehen: Anlagengenehmigung, Wasserwirtschaft, Naturschutz, Emissionshandel, erneuerbare Energien und nichtionisierende Strahlen. Am ambitioniertesten ist der Teil zur Anlagengenehmigung. Für alle Industrieanlagen sollen die wasser-, immissions- und naturschutzrechtlichen Verfahren zusammengefasst werden. Klug: „Ein Antragsteller muss nur noch einen Antrag bei einer Behörde stellen und bekommt eine integrierte Anlagengenehmigung.“ CHRISTIAN RATH