Die Werbepause
: Kollektion statt Kollektiv

Ihr Widerstand sieht gut aus. „Das ist keine Jacke. Das ist Rebellion“, rufen ihnen die Plakate entgegen und sie rufen mit ihnen. Denn es muss sich was ändern – die Zeit schlecht sitzender Lederimitate ist abgelaufen!

Nur sind sie schlauer als all die verhärmten Revolutionäre vor ihnen: Ihre Rebellion ist nicht so zottelig und ungewaschen wie die der Hippies, sie lungern auch nicht vor Kaufhäusern herum und spucken auf Bürgersteig und System so wie die Punks. Stattdessen probieren sie drinnen Klamotten an, knöpfen sich das System von innen heraus vor, die EC-Karte ist ihre Kalaschnikow, der Kontoauszug ihr Bekennerschreiben: Ich kaufe, also bin ich dagegen!

Ihre Botschaften prangen als Buttons am Revers, ihre Gelfrisuren verlachen die Autoritäten. Sie sind alles, James Dean, John Lennon und Che Guevara, denn ihr Taschengeld reicht locker für alle nötigen Accessoires. Wann war Rebellion je so günstig und hochwertig zu haben?

Kollektion statt Kollektiv – sie wollen nicht die Produktionsmittel, sie wollen die Produkte. Denn erst durch die werden sie ganz, können ihre Persönlichkeit entfalten, sie tauschen Geld gegen Individualität – Jacke macht frei! Und wer sagt, dass sie alle gleich aussehen, hat nicht genau hingeschaut.

Von den Plakatwänden rufen sie uns zu: Konsumenten aller Länder, vereinigt euch! Gemeinsam können wir schlechtes Aussehen überwinden! Denn Revolution ist keine Mode – Mode ist Revolution! Hoch! Die! Internationale! Kleidungsqualität!DENNIS DRÖGEMÜLLER