Netzwerk versucht Neustart nach Abrechnungsskandal

VORSTANDSWAHLEN Heute tagen die Mitglieder des Netzwerks Recherche – ohne Exchef Leif

Wer für den neuen Vorstand kandidiert, ist noch nicht klar – wer nicht mehr antritt, dagegen schon

Geht es nach dem Vereinsvorstand, dann beginnt heute in Köln eine neue Zeitrechnung in der Geschichte des Journalistenvereins Netzwerk Recherche: Die Mitgliederversammlung soll einen neuen Vorstand wählen und so die Ära nach dem großen Skandal eröffnen.

Seit Sommer steckt das Netzwerk Recherche in einer Krise. Vorstandsmitglieder und Wirtschaftsprüfer entdeckten Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung. Der Verein hatte mit der Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) falsch abgerechnet. Die Behörde förderte Großveranstaltungen des Vereins – unter der Bedingung, dass sie sonst Miese machen würden. Doch das war nur auf den Abrechnungsbögen der BpB der Fall. Der Verein hat rund 75.000 Euro zurückgezahlt. „Damit ist der Fall für das Netzwerk aufgearbeitet und abgeschlossen“, schreibt Hans Leyendecker in einem Brief an die Mitglieder.

Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ermittelt gegen Thomas Leif, den Chefreporter des SWR. Der war bis zum Juli erster Vorsitzender und hat sich auch um die Fördergelder der BpB gekümmert. Er hat angekündigt, nicht auf der Mitgliederversammlung in Köln zu erscheinen. Er habe „berufliche Verpflichtungen“, sagte Leif der taz.

Wer für den neuen Vorstand kandidiert, ist unklar. Das Ergebnis der Suche nach geeigneten Köpfen wolle man nicht vorab kommunizieren, schreibt Markus Grill, Spiegel-Autor und Vorstandsmitglied. Relativ klar ist, wer es nicht wird: Ein Großteil des bisherigen Vorstands wird nicht wieder antreten, darunter Leif und sein Vize Hans Leyendecker. Und bekannt ist auch, dass die Suche nicht einfach war: Aus dem NDR ist zu hören, dass dort einige um eine Kandidatur gebeten wurden – und absagten. Auch taz-Chefredakteurin Ines Pohl wurde angefragt. Doch sie lehnte ab, obwohl der Verein für sie ein „tolles Projekt“ ist: „Ein Vorstandsposten ist zusätzlich zu meinen Aufgaben bei der taz einfach nicht zu machen“, sagt sie. „Vor allem nicht in dieser Stuation.“ DKU