: Um 1 Uhr nachts kommt die Polizei
USA Mehrere Zeltstädte der Occupy-Bewegung, darunter der New Yorker Zuccotti-Park, wo alles anfing, sind geräumt. Vorläufig
■ Das Lager der Occupy-Aktivisten auf dem Lindenhof-Areal in Zürich ist am Dienstag von der Polizei geräumt worden. 31 Demonstranten hätten friedlich Widerstand geleistet und seien vorübergehend in Gewahrsam genommen worden, erklärte die Stadtpolizei. 20 weitere Bankenkritiker hätten das Lager zuvor freiwillig verlassen. Die Occupy-Aktivisten kündigten an, auf das Gelände der Citykirche umzuziehen. Die Kirche habe ihr Areal von sich aus angeboten. Da es sich um Privatgrund handelt, kann die Stadt nicht mehr eingreifen. dapd
AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN
Das Zeltlager im New Yorker Zuccotti-Park, Ursprungscamp der weltweiten Occupy-Wall-Street-Bewegung, ist geräumt. Um 1 Uhr nachts begann die Polizei damit, die Besetzer aufzufordern, den Park zu verlassen. Die meisten gingen freiwillig, lediglich eine Gruppe von rund hundert Protestierenden verschanzte sich in der Mitte des Platzes. Sie wurden einzeln weggeführt, 70 von ihnen wurden festgenommen. Zuvor hatte die Polizei per Lautsprechern und Flugblättern mitgeteilt, die Protestierenden dürften wieder auf den Platz, wenn dieser einmal geräumt und wiederhergestellt sei – sie müssten allerdings ihre Zelte zu Hause lassen. Dagegen gingen Anwälte der Bewegung sofort vor: Noch am Dienstag früh erwirkten sie eine gerichtliche Anordnung, nach der das Campen auf dem Platz weiterhin gestattet sei. Die Stadt, kündigte Bürgermeister Michael Bloomberg an, werde gegen die Entscheidung Rechtsmittel einlegen.
Auch im kalifornischen Oakland und in Portland, Oregon, ließen die Behörden in den vergangenen Tagen Occupy-Camps räumen. In Portland hatten in der Nacht zu Sonntag 10.000 Menschen friedlich demonstriert und die Polizei vorübergehend zurückgedrängt.
Vor der Räumung waren die Occupy-AktivistInnen in New York damit beschäftigt, ein Wirtschaftsprogramm zu entwerfen, das die Marktwirtschaft zwar nicht umstürzen, aber radikal reformieren soll. Unter anderem sind eine kostenlose Ausbildung sowie Kranken- und Rentenversicherungen für alle und die Besteuerung spekulativer Gewinne, die Abschaffung der Armee und das Verbot des Waffentragens im Gespräch.
Unter dem Motto „Occupy the Highway“ zieht gleichzeitig eine Karawane gegen Haushaltskürzungen in Richtung US-Hauptstadt. An den Eliteuniversitäten Berkeley und Harvard haben Studenten mit Protesten begonnen. Und in den Vorgärten zahlreicher Städte sprießen Miniatur-Zeltstädte aus dem Boden. Die Vorgarten-Besetzungen sollen Hauseigentümer vor der Zwangsräumung schützen.
Zur Diversifizierung der Bewegung gehört auch das Konzert, das Makana am Sonntag beim Asien-Pazifik-Gipfel in Hawaii gegeben hat. Der Musiker spielte Barack Obama und den anderen Staatschefs zum Abendessen Besetzersongs vor. Auf seinem T-Shirt stand: „Occupy with Aloha“.
In den vergangenen Tagen hatte es mehrere dramatische Todesfälle gegeben. In Burlington in Vermont hat Ende vergangener Woche ein 35-jähriger Kriegsveteran Selbstmord verübt. In Salt Lake City, Utah, ist ein Besetzer an einer Kohlenmonoxidvergiftung gestorben. In Oakland ist ein 25-jähriger Mann mehrere Straßen von dem besetzten Platz entfernt erschossen worden. Der Tathergang ist unklar und es ist umstritten, ob er ein Besetzer war. Aber sowohl die Polizei als auch Oaklands Bürgermeisterin Jean Quan verlangten seither die Räumung des Platzes.
Quan hatte Sympathie für die Besetzung gezeigt und war dafür von Geschäftsleuten kritisiert worden. Nach der Räumung vom Montagmorgen trat ein Mitarbeiter der Bürgermeisterin aus Protest zurück. In Portland feierten die Demonstranten ihren friedlichen Widerstand von der Vornacht. Allerdings räumte die Polizei, die in der Vornacht verdrängt worden war, am Montag dennoch die Zelte. „Occupy Portland geht weiter“, versicherten Besetzer am Montagabend. „die Welt schaut zu.“
An dem Tag, an dem die Polizei morgens die Zelte in Oakland abriss und nach Angaben des San Francisco Chronicle 32 Menschen festnahm, meldete sich erstmals Scott Olsen wieder zu Wort. Der 24-jährige Irakkriegsveteran war Ende Oktober nach der ersten Platzräumung von einem Polizeigeschoss schwer am Schädel verletzt worden. Er hat einen langen Weg der Rehabilitationen vor sich. Aber er versichert, dass er anschließend wieder auf die Straße gehen werde.
Am Donnerstag wollten die Besetzer in New York die ersten zwei Monate ihrer Besetzung feiern. Ihr Tagesziel für das Jubiläum ist ambitioniert: Sie wollen die Finanzaktivitäten in der Wall Street mit „friedlicher direkter Aktion“ blockieren. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg, selbst ein ehemaliger Aktienhändler, versichert, das werde nicht passieren. „Die Leute können am Donnerstag zur Arbeit gehen“, sagt Bloomberg.
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