: Superhafen nicht holterdiepolter
Niedersachsen hat Bremen beim Jadeweserport Zugeständnisse gemacht: CDU und FDP vermuten, Sigmar Gabriel habe sich von Henning Scherf über den Tisch ziehen lassen – möglicherweise auch bei der Frage des Hafenbetreibers
Niedersachsen hat sich beim Tiefwasserhafen von Bremen über den Tisch ziehen lassen. Das sagte Jörg Bode (FDP) nach der ersten Zeugenvernehmung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Jadeweserport. Der damalige SPD-Ministerpräsident Sigmar Gabriel habe sogar „die Interessen Niedersachsens für den Wahlkampf der SPD verkauft“.
Um den Vertrag über die gemeinsame Realisierungsgesellschaft noch vor der Wahl im Februar 2003 zu unterschreiben, habe Gabriel einen Kotau vor Ex-Bürgermeister Henning Scherf (SPD) geleistet. Gabriel habe „alles getan, um Bremen bei der Stange zu halten“, sagte CDU-Obmann Hermann Dinkla.
FDP und CDU stößt nicht nur auf, dass der Stadtstaat gleichrangig mit Niedersachsen in der Realisierungsgesellschaft vertreten ist, obwohl Bremen nur ein Fünftel der Kosten für die Infrastruktur des Superhafens trägt. Bode will in den Ausschuss-Akten eine „Nebenabrede“ entdeckt haben, die Niedersachsen verpflichtet, mit der Inbetriebnahme des Jadeweserports zu warten, falls der Containerterminal IV in Bremerhaven nicht ausgelastet ist.
Zur „Nebenabrede“ äußerte sich Ausschuss-Zeuge Jürgen Holtermann, Bremer Geschäftsführer der Jadeweserport Realisierungsgesellschaft und Chef der landeseigenen Bremenports nicht. Er betonte, dass die Verhandler um Gabriel einst auf der Kostenaufteilung – 90 Millionen zahlt Bremen, 510 Millionen Niedersachsen – „bestanden“ hätten. Sie ergebe sich aus den Kosten für das Hafen-Gewerbegebiet, das allein Niedersachsen betreiben wollte: Wegen erhoffter Steuereinnahmen habe Niedersachsen das „Interesse gehabt, die Bremer außen vor zu lassen“, sagte Holtermann.
Scherf und Gabriel hätten nicht „holterdipolter“ vor der Wahl unterzeichnet, betonte die einstige niedersächsische Wirtschafts-Staatssekretärin Birgit Grote. Nach dem Ausstieg Hamburgs aus dem Projekt sei Bremen wegen seines „Know-hows“ wichtig gewesen. „Zugeständnisse“ habe es auch gegeben, da der Tiefwasserhafen außerhalb Bremens liegt, Jobs und Steuern also Niedersachsen zugute kämen. Gabriel und Scherf hätten allein die Beteiligungssummen ausgehandelt, die Bestellung des zweiten Bremer Geschäftsführers und die Stimmengleichheit im Aufsichtsrat seien „Kompromisse“ gewesen. Für Grote „verantwortbar, es ist ein renditeträchtiges Projekt“.
Allerdings deutete sie an, dass es ein weiteres Zugeständnis gegeben haben muss: Die Konzessionsvergabe an den Hafenbetreiber Eurogate im März 2006. Eurogate gehört je zur Hälfte der Hamburger Eurokai und der BLG Container GmbH, die wiederum von Bremen kontrolliert wird. Eurogate will 350 Millionen Euro in Wilhelmshaven investieren. Grote zweifelte, dass bei der Ausschreibung alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Wieso Eurogate trotz Vergabeverfahren gewonnen habe, könne sich „jeder vernunftbegabte Mensch denken“. KAI SCHÖNEBERG