: Wenn die Akkus leer sind
VOLKSLEIDEN Viele Menschen erkranken an Burn-out. Was verbirgt sich hinter dieser Krankheit?
Nach einer Studie der Betriebskrankenkassen aus dem Jahr 2009 leiden in Deutschland etwa neun Millionen Menschen an Burn-out. Für das Volksleiden gibt es noch keine Standard-Diagnose und erst recht keine einheitliche Definition – die Symptome sind sehr diffus.
„Burn-out ist eigentlich eine Erschöpfungsdepression“, erklärt Arnold Lorenzen, der in Hamburg als Coach am Institut für Burn-out-Prophylaxe arbeitet. Meist wird sie durch Stress ausgelöst, der nicht bewältigt werden konnte. Typische Anzeichen: länger anhaltende emotionale und körperliche Erschöpfung, schwindende Eigeninitiative und der Verlust des Selbstvertrauens. Betroffene fühlen sich überlastet und frustriert. Sie entwickeln eine distanzierte Haltung gegenüber ihren Mitmenschen und grenzen sich zunehmend ab.
Nicht jeder belastete Arbeitnehmer sei jedoch automatisch von Burn-out bedroht, sagt Coach Lorenzen. An Belastungen könne man wachsen, ihre Bewältigung verschaffe Erfolgserlebnisse. „Nicht jeder, der gestresst ist, kriegt ein Burn-out.“ Ein gut funktionierendes Beziehungsnetz, gute Gesundheit und kommunikative Fähigkeiten könnten dabei helfen, Phasen der Überanstrengung zu überbrücken.
Gefährlich an der Erkrankung sei ihre schleichende Entwicklung, sagt Lorenzen. Betroffene kommen erst nach langer Zeit an den Punkt der totalen Kraftlosigkeit. „Sie kämpfen gegen die Erschöpfung an und werden dadurch noch erschöpfter, bis die Akkus leer sind.“
Weil die Erkrankung eine Art von Depression ist, sollte sie so behandelt werden, sagt Lorenzen. Ein Klinikaufenthalt oder eine Psychotherapie könnten die Beschwerden lindern. Viel wichtiger aber sei es, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen. Es tue sich da was auf Arbeitgeberseite, berichtet der Coach. In vielen Unternehmen werde vermehrt auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter geachtet.
Probate Mittel, um ein Burn-out zu verhindern, sind eine gerechte Arbeitsverteilung, angemessene Vergütung und flexible Arbeitszeiten. Für die Betriebe könnte sich das am Ende dann sogar auszahlen – wenn die Krankschreibungen abnehmen.
TIZIANA MANELJUK