: Einblick (563)
OLIVER BAURHENN, KOMMISSARISCHER GESCHÄFTSFÜHRER NGBK & KO-DIREKTOR CTM FESTIVAL
■ Oliver Baurhenn (*1970 Lüdenscheid) lebt seit 1990 in Berlin. Er kuratiert seit 2002 mit Jan Rohlf und Remco Schuurbiers das CTM-Festival for adventurous music and art, ist (Gründungs-)Mitglied des derzeit ortlosen Projektraums General Public und seit dem 23. 2. 2015 kommissarischer Geschäftsführer des Berliner Kunstvereins nGbK.
taz: Welche Ausstellung in Berlin hat Sie/dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum? Oliver Baurhenn: Ryan Trecartins „Site visit“ in den Kunst-Werken hat mich sehr als Beispiel wie ein „Viel-Hilft-Viel“-Ansatz eine gescheiterte Übertragung vom Internet in den physischen Ausstellungskontext aufzeigt beeindruckt. Der Wille des „digital natives“ die vielen „digital immigrants“ zu überzeugen, war ein großartiges und wohl auch sehr kostspieliges Scheitern. Eigentlich eine Hommage an Christoph Schlingensief. Für Anregung bin ich nach Dortmund gefahren zur Ausstellung „Böse Clowns“ kuratiert von Inke Arns. Blöder Titel, dachte ich, aber eine absolut sehenswerte Ausstellung mit subtilem Humor und unerwarteten Perspektiven. Welches Konzert oder welchen Klub können Sie/kannst du empfehlen? Was soll ich sagen? Außer einen tiefen Seufzer darüber abzulassen, dass es den Festsaal Kreuzberg nicht mehr gibt. Mir fehlt dieser Ort, der eindeutig uneindeutig war und das mit einer selten gespürten Wärme und Herzlichkeit. Welche Zeitung/welches Magazin und welches Buch begleitet Sie/dich durch den Alltag? Inspiriert durch das SoundWalk Collective Konzert mit Nan Goldin „A Memoir of Disintegration“ lese ich gerade David Wojnarowicz episodenhafte Autobiografie „Close to the Knives“. Poetischer Existenzialismus pur! Ansonsten bin ich gerade sehr betrübt, das Buch, was mich Monate begleitet hat, ausgelesen zu haben. „Jahrmarkt der Eitelkeiten“ – auch ein Fortsetzungsroman, zuerst erschienen im Londoner Satiremagazin Punch – passte wunderbar zu meinen winterbedingten U-Bahnfahrten. William Makepeace Thackerays Darstellung der Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts ist vielleicht gar nicht so anders wie die des frühen 21. Jahrhunderts. Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht Ihnen/dir am meisten Freude? Mein neues Büro! Nach zwei Jahren Großraum genieße ich täglich in vollen Zügen mein eigenes Arbeitsreich.
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