Brücke mit umstrittenem Wohnwert

Für die einen ist die geplante Wohnbrücke namens „Living Bridge“ eine Chance, für die anderen ein die Landschaft zerstörendes Monsterprojekt: In einer Podiumsdiskussion im hiesigen Architekturzentrum schieden sich die Geister

Gestern hat der Bürgerdialog zum Projekt einer bebauten Brücke über die Elbe hinweg begonnen. Bei der Podiumsdiskussion im Architekturzentrum betonte Oberbaudirektor Jörn Walther die Chance, mit dem einzigartigen Projekt „Living Bridge“ den Sprung über die Elbe zu schaffen. „Wir sollten eine Machbarkeitsuntersuchung machen“, sagte Walther, „das lohnt sich auf jeden Fall.“ Kritiker wandten ein, das Projekt würde den Charakter der Elbe völlig verändern und dem östlichen Teil der Hafencity abträglich sein. Überdies laufe die Brücke Gefahr, eine seelenlose Wohnmaschine zu werden.

Die Brücke würde vom Zentrum der Hafencity aus auf den Kleinen Grasbrook führen. Auf der unteren Ebene lägen Fahrspuren, auf der oberen Ebene eine begrünte Fußgängerzone. Zu beiden Seiten erhöben sich fünf- bis sechsstöckige Wohnhäuser mit Läden im Erdgeschoss. Die Brücke an sich erhielte die Stadt im Tausch gegen die Grundstücke der Brückenköpfe.

Aus Sicht des Oberbaudirektors könnte die Bebauung den weiten Wege über die Norderelbe versüßen. Mit der nach der Hafencity ins Auge gefassten Bebauung des Kleinen Grasbrook und der Brücke würde „eine neue Alster entstehen“, sagte der Architekt Teherani. Die Brücke werte die Grundstücke auf dem Kleinen Grasbrook auf.

Doch diese Grundstücke mit Blick auf die Stadt sind ohnehin attraktiv, während die Grundstücke am Baakenhafen entwertet würden, wie Hans-GüntherBurkhardt von der Schumacher-Gesellschaft zu bedenken gab. Sie würden vom Blick die Elbe hinab abgeschnitten. „Die entscheidende Frage ist: Wird der neue Blick besser sein als der alte?“ konterte Walther.

Der Architekt Konstantin Kleffel wandte sich gegen die Idee einer neuen Alster. „Wir haben es zu tun mit einer völligen Identität eines Landschaftsraumes mit einem Stadtraum“, sagte er. Die Elbe sei kein innerstädtisches Gewässer. Eine Brücke an dieser Stelle sei richtig, eine private Nutzung durch Wohnungen nicht. „Reines Wohnen ohne kulturelle Vernetzung birgt die Gefahr eines Gettos“, warnte der Architekt Jörg Friedrich. Kleffel forderte, das Projekt müsse altern können. Der Architekturkritiker Dirk Meyhöfer fragte nach „dem Mehrwert für uns alle“. Landmarken habe Hamburg inzwischen genug. GERNOT KNÖDLER

www.livingbridge.hamburg.de