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Archiv-Artikel

Kommt die Trendwende?

ENTBINDUNG Die Kaiserschnittrate liegt in Deutschland mit rund 30 Prozent doppelt so hoch, wie die Weltgesundheitsorganisation WHO für angemessen hält. Doch es gibt Anzeichen für ein Umdenken

Von OS

Seit 1991 hat sich die Kaiserschnittrate in Deutschland verdoppelt und liegt bei über 30 Prozent – die Weltgesundheitsorganisation WHO hält dagegen eine Rate von lediglich 15 Prozent für sinnvoll. Allerdings ist die Rate hierzulande im Jahr 2012 erstmals leicht gesunken. War das nur ein statistischer Ausrutscher oder ist das ein Zeichen für eine Trendwende?

Fest steht, dass Eltern und Mediziner zunehmend über die Folgen der Schnittentbindung für die Kinder nachdenken. Denn nach Studien kann diese nicht nur für ihre Psyche und den ersten Kontakt zwischen Mutter und Kind Folgen haben, sondern auch für das Immunsystem. So steigt nach Langzeitstudien das Risiko für genetisch vorbelastete Kaiserschnitt-Babys, selber zuckerkrank zu werden. Es gibt auch Indizien dafür, dass Kaiserschnittkinder etwas häufiger unter Allergien und Asthma leiden. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass sich die Bakterienflora der Babys je nach Entbindungsart unterscheidet – was Auswirkungen auf die Entwicklung des Immunsystems haben kann.

In die Kritik sind nicht zuletzt geplante „Wunschkaiserschnitte“ geraten. Denn während bei bestimmten Indikationen, wie zum Beispiel dem Riss der Gebärmutter, einer Querlage des Kindes im Mutterbauch oder einer akut drohenden Unterversorgung mit Sauerstoff, Kaiserschnitte medizinisch angeraten sind, wird bei vorab festgelegten Kaiserschnitten das höhere Risiko von Komplikationen bewusst in Kauf genommen.

An der Charité wurde immerhin eine Neuerung eingeführt, die das Geburtserlebnis bei Kaiserschnitten deutlich verbessern soll – ganz gleich ob sie geplant waren oder nicht: Hier führt der Direktor der Klinik für Geburtsmedizin an der Berliner Charité, Professor Dr. Wolfgang Henrich, sogenannte Kaisergeburten durch. Der Clou daran ist, dass dabei, direkt nachdem das Baby aus der Bauchhöhle gehoben wurde, das OP-Tuch gesenkt wird. So kann die Mutter ihr Baby trotz des Kaiserschnitts einen Moment lang nach der Entbindung sehen und sogar berühren. Ein kleines Detail, das einen großen Effekt hat. OS