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Archiv-Artikel

Griechenland muss auf Kredit warten

EUROGRUPPE Europa verweigert kurzfristige Hilfen an das von der Pleite bedrohte Land. Vor Auszahlung neuer Gelder prüft die Troika die finanzielle Lage Griechenlands, obwohl Syriza das Gegenteil versprochen hatte

„Einen Grexit wird es niemals geben“

EU-KOMMISSIONSPRÄSIDENT JEAN-CLAUDE JUNCKER IST SICH DA GANZ SICHER

AUS BRÜSSEL ERIC BONSE

Der Hilferuf von Alexis Tsipras verhallte ungehört. Die Kassen in Athen seien leer, sein Land brauche dringend Hilfe, hatte der griechische Premier gewarnt. Doch beim Treffen der Eurogruppe am Montagabend in Brüssel spielte die akute Finanznot keine Rolle. Tsipras wurde auf den Freitag vertröstet – dann will ihn EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel empfangen. Auf frisches Geld aus dem gerade erst verlängerten, milliardenschweren Hilfsprogramm darf Tsipras aber auch dann nicht hoffen.

Denn nach einem Ukas aus Berlin hat Juncker klargestellt, dass nicht er, sondern die Eurogruppe über mögliche Finanzhilfen entscheide. Und die spielt auf Zeit. Bevor Kredite aus dem gerade erst verlängerten Hilfsprogramm freigegeben werden, wollen die Gläubiger erst einmal in die griechischen Bücher schauen. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang – wenn die Kassenprüfer nicht ausgerechnet die Mitglieder jener Troika wären, die Tsipras unbedingt abschaffen wollte.

Schon am Mittwoch wollen die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) mit der Prüfung beginnen. Das erste Treffen findet in Brüssel statt. Doch bald sollen „technische Teams“ auch nach Athen reisen, um sich vor Ort ein Bild zu verschaffen.

Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis habe zugesagt, dass die als „Men in Black“ verpönten Troika-Experten „willkommen“ wären, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Für den Niederländer muss es eine persönliche Genugtuung sein. Denn bei seiner ersten Reise nach Athen hatte Varoufakis noch erklärt: „Die Troika ist tot.“

Nun kommt sie also wieder – genauso wie die Frage, was die Troika eigentlich machen darf. Prüft sie nur die Zahlen, wie Varoufakis behauptet? Oder überwacht sie auch die Umsetzung von Reformen, wie dies Dijsselbloem fordert? Und wird sie wieder die Politik diktieren?

Für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist der Fall klar: Es soll alles weitergehen wie gehabt. Die Troika werde gemeinsam nach Athen reisen und alles prüfen, so Schäuble: „Das ist so.“ Zudem müssten alle vereinbarten Reformen umgesetzt werden. „Bevor das nicht stattfindet, passiert gar nichts“, gab sich Schäuble wie gewohnt hart.

Doch Tsipras benötigt schnelle Hilfe. Sie stehen deshalb vor der schmerzlichen Wahl, entweder auch die restlichen Wahlversprechen über Bord zu werfen oder in die griechische Rentenkasse zu greifen und andere Notreserven anzuzapfen. Doch selbst das könnte am Ende nicht mehr reichen, um einen Zahlungsausfall zu verhindern.

Die Eurogruppe hat die Regierung in die Enge getrieben. Nur eine Frage ist offen: Wird sie es auf den Ernstfall ankommen lassen? „Einen Grexit wird es nie geben“, schwört Kommissionschef Juncker. Doch sein Wort zählt nicht viel in Brüssel. Und Tsipras und Varoufakis glaubt ohnehin kaum jemand mehr in der Eurogruppe.

Meinung SEITE 10