EDITH KRESTA AUFGESCHRECKTE COUCHPOTATOES : Hilfe, die Chinesen kommen!
Nüchterne Stände, unkritisches Rahmenprogramm, unauffällige Biedermänner. Die Internationale Tourismusbörse (ITB), letzte Woche in Berlin, hält wenige Überraschungen bereit. Klar, man kann hier die „Oculus Rift“-Brille aufsetzen und einen virtuellen Ausflug nach Schanghai machen oder die „Next Generation“-App testen, mit der man sich von unterwegs einchecken und bei Jetlag die Zimmerjalousien schon aus dem Taxi herunterlassen kann. Das spart Zeit. Und Zeit ist Geld. Und darum geht es.
Vor allem die finanzstarken Chinesen sind auf dem Vormarsch und auf Einkaufstour in Europa. Europas zweitgrößter Reiseveranstalter Thomas Cook bekommt einen neuen Partner und Großaktionär aus China: Der Mischkonzern Fosun International will 127 Millionen Euro in neue Aktien des TUI-Rivalen stecken. Oder Walter Junger und Eric Wu. Der umtriebige österreichische Hotelier will das Konzept seines Lifestyle Hotels 12 in einem Joint Venture mit der chinesischen Plateno Group serienmäßig in Europa, Afrika und Asien verbreiten. Alles schick: Wein- und Cigar Lounges, Spabereich mit coolem Jacuzzi, schönste Kunst, regionale Küche. Das erste „Farmhotel“ entsteht gerade in Schanghai.
Die Chinesen kommen. Sie haben uns nicht nur den Rang des Reiseweltmeisters abgelaufen. Nein, sie kaufen auch unsere Agenturen und Konzepte. Sie unterwandern uns. Reistopf statt Espressomaschine auf dem Hotelzimmer wird Standard. Morgens stehen gebratene Nudeln statt Continental Breakfast auf der Speisekarte. Ein Großteil unserer Mode stammt schon jetzt aus China. Bald werden chinesische Designer in den schönsten Geschäften europäischer Innenstädte, die sie gerade aufkaufen, klassische Kleider und sexy High Heels anbieten.
Ich jedenfalls fürchte nicht die Unterwerfung durch ein wie auch immer geartetes rückständiges Kalifat, ich fürchte Schwalbennester als Vorspeise und das unendliche und allerletzte Abenteuer Konsum in seelenlosen Malls. Da wird der Ruf des Muezzins zur puren Nostalgie.