Countdown in Annapolis

Israelis und Palästinenser wollen über Frieden verhandeln. Bush sieht „historische Chance“

ANNAPOLIS afp/rtr/dpa ■ Israelis und Palästinenser haben sich auf die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen geeinigt. US-Präsident George W. Bush sagte gestern zur Eröffnung der internationalen Nahost-Konferenz in Annapolis bei Washington, beide Seiten hätten vereinbart, vor Ende 2008 zu einem Friedensabkommen zu gelangen. Die bilateralen Verhandlungen sollten sofort beginnen. Bush sprach von einer „historischen Chance“ für den Frieden. Ziel sei eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung innerhalb eines Jahres.

Kurz vor Beginn der Nahost-Konferenz hatte er gestern noch unter sechs Augen mit Israels Premier Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas gesprochen. Er wollte letzte Details der Konferenz besprechen, bevor er sie gegen 17 Uhr europäischer Zeit mit seiner Rede eröffnete. Trotz intensiver Verhandlungen bis tief in die Dienstagnacht hatten sich Israelis und Palästinenser zunächst nicht auf ein gemeinsames Konferenzdokument einigen können, das den Rahmen für Verhandlungen nach der Konferenz von Annapolis vorgeben soll. Sogar die Bezeichnung des Papiers war zunächst umstritten. In einer Nachtsitzung einigten sich Israelis und Palästinenser nun auf das Dokument.

Bush forderte von beiden Konfliktparteien noch einmal „schmerzhafte Kompromisse“, ohne die es keinen Frieden in Nahost geben werde. In seiner Rede sagte er: „Die Aufgabe, die hier in Annapolis beginnt, wird schwierig werden.“ Die Konferenz sei „der Beginn eines Prozesses, nicht das Ende. Es gibt noch viel Arbeit zu tun.“ Palästinenser und Israelis hätten jeweils eine „starke politische Führung“, die zum Frieden entschlossen sei. „In der Schlacht um die Zukunft des Nahen Ostens“ dürfe den Extremisten kein Sieg zugestanden werden. Er wolle dem Nahen Osten jedoch keine „amerikanische Vision“ für eine Friedenslösung diktieren, so Bush.

Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert betonte bei der Konferenz das Ziel eines demokratischen palästinensischen Staates. Er sei überzeugt davon, dass das Ziel „zwei Staaten für zwei Völker“ im Jahr 2008 erreichbar sei, sagte er. Trotz aller Schwierigkeiten und Zweifel müsse jetzt die „historische Aussöhnung“ zwischen beiden Völkern begonnen werden. „Die Zeit ist gekommen.“

Olmert sagte, ein palästinensischer Staat müsse frei von Terrorismus sein. „Wir wollen Frieden. Wir wollen das Ende des Terrorismus. Wir sind zu Kompromissen bereit.“ Palästinenserführer Mahmud Abbas betonte, auch alle strittigen Themen sollten diskutiert werden, einschließlich der Jerusalem-Frage.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier sieht bessere Chancen für eine Einigung im Nahostkonflikt als zuvor. Er habe „nie so viel Willen der Parteien vor Ort“ festgestellt, an einem Erfolg der Konferenz mitzuwirken, sagte er am Dienstag in Washington. „Hier können erste Schritte auf dem Weg zu Frieden und Stabilität für Palästina und Israel erreicht werden.“

An der Konferenz in einer Marine-Akademie nehmen Vertreter aus mehr als 40 Ländern teil. Der Einladung von Bush folgten alle arabischen Staaten außer dem Irak. Bis kurz vor Beginn der Veranstaltung hielten sich Proteste in Annapolis in Grenzen. Der Iran hatte allerdings die radikalen Palästinenserfraktionen zu einer „Anti-Annapolis-Konferenz“ geladen.

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