: Unser Herr der Ringe
OLYMPIABEWERBUNG Jetzt heißt es, die Schultern straffen. Schließlich liegt da eine Menge Verantwortung drauf – heute hat Frank Henkel in Frankfurt seine fünfzehn Minuten, um zu erklären, wieso Berlin es machen muss
■ Berlin oder Hamburg? Im Casting „Deutschland sucht den Olympia-Bewerber“ fällt an diesem Montag die Vorentscheidung. Nach intensiven Gesprächen mit den Spitzensportverbänden und einer 43-köpfigen Expertenrunde, die auch Frank Henkel (CDU) am Montag von den Vorzügen Berlins als Bewerberstadt überzeugen will, wird das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes seine mit Spannung erwartete Empfehlung abgeben, welche Stadt die DOSB-Mitglieder auf der Vollversammlung am 21. März ins Rennen um die Sommerspiele 2024 schicken sollen.
■ In Hamburg wird auf einer großen Olympia-Party in der O2 World live mitgefiebert, wenn DOSB-Präsident Alfons Hörmann gegen 19 Uhr das Ergebnis in einem Frankfurter Hotel bekanntgibt. In Berlin sind keine Aktivitäten geplant – außer von den Olympia-Gegnern. Das spiegelt ein wenig die Stimmungslage in beiden Metropolen wider: An Elbe und Alster votierten jüngst 64 Prozent für Sommerspiele, an der Spree waren es nur 55 Prozent.
■ Der Berliner Senat hat dabei versprochen, dass – sollte die Hauptstadt den Zuschlag bekommen – letztlich die Bürger in einer vom Parlament angesetzten Abstimmung entscheiden dürfen. Der Termin dafür ist der 13. September.
Bis zur endgültigen Entscheidung über Olympia 2024, für das auch Paris, Rom und Boston den Ring in den Ring geworfen haben, dauert es noch: 2017 will sich dann das IOC festlegen. (dpa, taz)
Es liegt an ihm. Heute muss Frank Henkel (CDU) noch einmal im Hotel Lindner in Frankfurt vor 43 Vertreterinnen und Vertretern aus Politik und Gesellschaft und dem Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) erklären, warum die Hauptstadt der bessere Ort für Olympia als Hamburg ist. Dafür hat der Senator für Inneres und Sport ganze fünfzehn Minuten Zeit. Also nicht viel. Da muss dann eben alles stimmen. Auch Kleinigkeiten. Da gibt es einiges zu beachten, wenn so viel Verantwortung auf den Schultern lastet. Wie geht man das an? Die taz rät:
Die breiten Schultern
Sportsenator Henkel muss heute im DOSB-Ring kämpfen wie – ja, wir sagen es ruhig einmal – ein Löwe. Die Klasse kann er sich aussuchen: Soll er lieber den bulligen Capital-Fighter geben oder doch den wendigen Hipster-Catcher?
Entscheidend dafür ist die Wahl der Schulterpolster, sprich die des Anzugs. Und es soll doch ein starker Auftritt sein: also ruhig mal ein bisschen dick auftragen – das macht Henkel als Innensenator ja auch sonst ganz gern, etwa wenn es um Zero-Tolerance-Zonen für Kiffer geht. Hauptsache, Henkel wird dadurch nicht so breit, dass er kaum noch durch die Tür passt.
Aber aufgepasst und immer merken: Nur weil man sich breite Schultern anheftet, hat man noch nicht gleich welche.
Henkel weiß das aus Erfahrung: Er hat es etwa bei seinem rambohaften Versuch, den Oranienplatz von Flüchtlingen polizeilich räumen zu lassen, zu seinem Leidwesen erfahren müssen.
Der taz-Coach rät: Realistisch bleiben und auch auf die Deckung achten.
Der richtige Dresscode
Grundsätzlich gilt: Das beste Outfit nützt nichts, wenn eine Flasche drinsteckt. Die Gefahr ist zudem die: Gerade bei Terminen im Sportkontext kommen Menschen ja auf die seltsamsten Ideen. Bei Henkel ist das nicht anders. Dunkler Anzug und Krawatte oder Jeans und Pullover?
Bei seinen Auftritten als Innensenator im Innenausschuss bevorzugt Henkel zumeist die seriöse Variante. Im Sportausschuss dagegen läuft der Sportsenator ganz gern im Pullover auf – geflissentlich ignorierend, dass solche Pullover rundliche Körper nicht gerade vorteilhaft betonen.
Wenn jetzt hier aber zu etwas Wagemut geraten wird, sprechen wir nicht von Henkels Trachtensakko mit den Hirschhornknöpfen. Auch der helle Anzug, zu dem die Krawatte mit den olympischen Ringen so gut passt, ist nicht gerade originell. Wir plädieren für den Vintage-Jogginganzug aus neonfarbener Ballonseide. Nichts anderes würde die Berliner Note besser unterstreichen. Wie sagte doch der frühere Berliner Finanzminister Thilo Sarrazin (SPD) einst so schön: Nirgendwo sonst schlurfen so viele Leute in der Öffentlichkeit in Trainingsanzügen rum wie in der Hauptstadt. Dagegen sieht Hamburg wirklich richtig blass aus.
Der taz-Couch rät: Mut zum Risko. Be Berlin.
Doch Turnschuhe?
Gerade Frankfurt gilt ja als gutes Pflaster für Turnschuhträger, man denke nur an den ersten grünen Landesminister dort in Hessen. Und auch in der Berliner CDU sind Sporttreter durchaus mit Erfolg verbunden: Der frühere Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen eilte 1999 damit zum Erfolg gegen SPD-Herausforderer Walter Momper. Die Kampagne: Diepgen rennt.
Vielleicht also doch statt der frisch polierten Leder- die ollen Laufschuhe anziehen und damit Ausdauer symbolisieren? Oder gar ein paar stylische Sneaker im Retro-Look aus der Zeit der Sommerspiele 1972 in München?
Fraglich ist allerdings, ob die DOSB-Präsidiumsmitglieder Frank Henkel diesen Imagewechsel nicht als Anbiederung interpretieren würden – was angesichts des oben erwähnten Kleidungsstils und, man darf es ruhig sagen, deutlichen Bauchansatzes ja auch nicht ganz unbegründet wäre.
Der taz-Coach rät aber auch hier: Mut zu Schuh-Experimenten. Bauch rein. Brust raus. Haben Sie keine Angst vor der Niederlage, Herr Henkel! Wenn Sie das überstanden haben, kann Sie nichts mehr erschüttern.
Mut zur eigenen Duftnote
Zum Schluss noch ein paar grundsätzliche Regeln. Wichtig: Gucken Sie den Frauen in die Augen und nicht auf den Busen. Vor allem aber: Finger weg von Schwangerenbäuchen. Vergangene Woche haben Sie ja erlebt, was die Medien daraus machen.
Um die verlebte Note Berlins zu unterstreichen, wäre ein Dreitagebart von Vorteil. Und ein Hauch Körperduft. Das lenkt das Publikum zudem von anderen Schwächen des Vortrags ab.
Und: Lösen Sie sich von der Vorstellung, ein begnadeter Redner zu sein. Bekennen Sie sich zu ihrer Normalform, das löst Verspannungen und macht frei. Stellen Sie sich vor, Sie seien ein Schrank. Öffnen Sie die Tür. Sagen Sie zu sich: Hey, ich habe zwar nichts zu sagen, aber ich schaff das!
Für den Fall, das alles schiefgeht und ganz Berlin über Franky Henkel lacht, der die Olympiabewerbung vergeigt hat: Stellen Sie sich auf die Folgen ein, bereiten Sie einen Plan B vor. Etwas Besseres, als von der CDU als Spitzenkandidat für den Wahlkampf 2016 abgesägt zu werden, kann Ihnen doch eigentlich nicht passieren.
Der taz-Couch rät: Augen zu und durch.