: Stromsparen tut not
Studie des HWWI: Nur bei sinkendem Stromverbrauch können Erneuerbare Energien bis 2020 vom Netz gehende Atomkraftwerke ersetzen
Ob die Atomkraft in den kommenden Jahren in Deutschland gebraucht wird, hängt vom Energiesparen ab. Dieses Ergebnis lässt sich aus einer Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) im Auftrag der HypoVereinsbank (HVB) herauslesen, die gestern in Hamburg vorgestellt wurde. Nach einem Szenario das einen absoluten Rückgang des Stromverbrauchs um 0,5 Prozent im Jahr voraussetzt, entstünde durch das Abschalten der Atomkraftwerke erst ab 2018 ein Versorgungslücke, die durch Importe oder fossile Energie geschlossen werden müsste. 2020 läge sie bei vier Prozent des Stromverbrauchs.
Nach einem Szenario, das der Einschätzung der Elektrizitätswirtschaft entspricht, wäre die Versorgungslücke weit größer. Es unterstellt eine Zunahme des Stromverbrauchs um 0,5 Prozent pro Jahr, die dann immer noch deutlich unter dem Wirtschaftswachstum läge. In diesem Fall würde die Versorgungslücke durch Wegfall der AKW bis 2012 auf sechs Prozent, bis 2020 auf 16 Prozent anwachsen. „Wir wollen weder den politisch beschlossenen Atomausstieg torpedieren noch Horrorszenarien an die Wand malen“, sagte HVB-Vorstand Stefan Schmittmann. „Allerdings sollte auch eine allzu blauäugige Herangehensweise nach dem Motto ‚Der Wind wird es schon richten‘ vermieden werden.“
Gegenwärtig werden rund 26 Prozent des deutschen Stroms aus Atomenergie erzeugt und weitere 57 Prozent mit Kohle- und Gaskraftwerken. Der Anteil der erneuerbaren Energien, im wesentlichen Wind- und Wasserkraft, an der Stromerzeugung hat sich in den vergangenen zehn Jahren zwar verdoppelt. Die Energieträger erreichen jedoch immer noch lediglich zehn Prozent.
Die Bundesregierung will erreichen, dass dieser Anteil bis 2020 auf 25 bis 30 Prozent und bis 2050 auf mindestens 50 Prozent steigt. „Die Studien haben als Zwischenfazit ergeben, dass der geplante ambitionierte Ausbau der erneuerbaren Energien durchaus möglich ist“, sagte Schmittmann. „Allerdings sind auf diesem Weg noch zahlreiche Probleme zu lösen, während die Politik so tut, als müsse bestehende Technik nur noch in die Tat umgesetzt werden.“
Der Studie zufolge könnte die Zahl der Beschäftigten im Sektor Erneuerbare Energien von 2006 bis ins Jahr 2020 stark steigen: in der Windkraft von 74.000 auf 200.000, bei der Biomasse von 92.000 auf 170.000 und bei der Solarenergie von 21.000 auf 100.000. GERNOT KNÖDLER