Deutschland hält sich mit Urteil über Wahlen zurück

KONGO „Glaubwürdigkeit steht bisher nicht infrage“, sagt Bundesregierung, fordert aber „Transparenz“

BERLIN/KINSHASA taz | Trotz steigender Spannungen in der Demokratischen Republik Kongo sieht Deutschland bislang keinen Anlass, Kritik an der umstrittenen Wahl vom 28. November zu üben. „Die Bundesregierung beobachtet die Wahlen genau, sieht jedoch bisher die Glaubwürdigkeit des Wahlprozesses und mögliche Ergebnisse insgesamt nicht infrage gestellt“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen, die der taz vorliegt. Die Grünen hatten wissen wollen, welche Maßnahmen die Bundesregierung vorsieht „für den Fall, dass der künftige Präsident unter demokratisch fragwürdigen Umständen an die Macht gelangt“.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts bestätigte gestern auf Anfrage, die vom 1. Dezember stammende Antwort sei weiterhin gültig. Eine Bewertung der Wahl sei erst nach Bekanntgabe des vorläufigen Endergebnisses möglich. Man fordere allerdings „Transparenz bei der Auszählung“ und „Gewaltlosigkeit beim Umgang mit den Ergebnissen“.

Die Bekanntgabe des Wahlergebnisses sollte gestern Abend erfolgen. Das Stadtzentrum von Kinshasa wurde in Vorbereitung von der Präsidentengarde abgeriegelt. Es heißt, bis zu 20.000 Soldaten seien aus dem ganzen Land in Kinshasa zusammengezogen. Oppositionelle haben angekündigt, eine Ausrufung Präsident Joseph Kabilas zum Sieger nicht zu akzeptieren.

Am Dienstagmorgen lag Kabila laut Kongos Wahlkommission Ceni nach Auswertung von zwei Dritteln der Wahllokale mit 46 Prozent klar in Führung vor Oppositionsführer Etienne Tshisekedi mit 36 Prozent. Eine unabhängige Überprüfung dieser Zahlen ist nicht möglich, weil die Wahlkommission nur Gesamtstimmenzahlen pro Kandidat und Provinz herausgibt, nicht aber die Ergebnisse einzelner Wahlbüros. Forderungen, die Daten aufzuschlüsseln, ist die Ceni bisher nicht nachgekommen.

Quellen im Kongo berichten der taz von massiven Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauswertung. Diese finde teils unter Ausschluss von Wahlbeobachtern statt, heißt es; teils würden Ergebnisse aus Wahlbüros mit Tshisekedi-Mehrheit für ungültig erklärt, teils würden nachträglich für Kabila ausgefüllte Stimmzettel mitausgewertet.

DOMINIC JOHNSON

SIMONE SCHLINDWEIN