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Archiv-Artikel

Doch kein Anspruch auf Auskunft

KUCKUCKSKINDER Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Mütter müssen ihrem geschiedenen Mann nicht mitteilen, wer der tatsächliche Vater des nur vermeintlich gemeinsamen Kindes ist

FRANKFURT/M. taz | Mütter müssen den Vater eines „Kuckuckskindes“ derzeit nicht nennen. Das hat am Mittwoch der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden. Er korrigierte damit die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH).

Im konkreten Fall hatte ein Paar 1991 geheiratet, als die Frau schon schwanger war. Der Ehemann galt dann automatisch als rechtlicher Vater des Kindes. Erst 1994 eröffnete ihm die Frau, dass er möglicherweise nicht der biologische Vater sei. 1995 wurde die Ehe geschieden, zeitweise lebte die Tochter dann aber beim Vater. Erst 2010, als die Tochter volljährig war, focht der Mann seine Vaterschaft an. Es stellte sich heraus, dass er tatsächlich nicht der biologische Vater ist, dass er also ein sogenannter Scheinvater war.

Nun wollte der Scheinvater vom tatsächlichen Vater den bisher bezahlten Unterhalt erstattet haben. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) ermöglicht diesen sogenannten Scheinvater-Regress (§ 1607). Allerdings wusste der Mann nicht, an wen er sich wenden sollte. Auch die Mutter wollte ihm den Namen nicht sagen. Deshalb verklagte er zunächst sie auf Auskunft und bekam bei den Zivilgerichten in Schleswig-Holstein auch recht.

Diese hatten sich auf mehrere aktuelle Urteile des BGH gestützt, wonach sich ein Auskunftsanspruch aus „Treu und Glauben“ (§ 242), einer BGB-Generalklausel, ergibt.

Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass Scheinväter derzeit keinen Auskunftsanspruch gegen die Mutter auf Nennung des mutmaßlichen Kindsvaters haben. Wenn es um Einschränkungen der Grundrechte geht, sei die Freiheit der Gerichte zur Rechtsfortbildung stark beschränkt. Die Richter betonten, dass es hier sogar um einen Eingriff in das innerste Persönlichkeitsrecht der Mutter geht. „Für die meisten Menschen dürfte es wenige Vorgänge von größerer Intimität geben, deren Geheimhaltung ihnen um ihrer persönlichen Integrität willen wichtiger wäre als ihre geschlechtlichen Beziehungen“. In derartigen Fällen müsse ein Auskunftsanspruch auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage gestützt werden. Die gibt es bisher aber nicht.

Der Bundestag muss nun entscheiden, ob er einen gesetzlichen Auskunftsanspruch für Scheinväter schafft. Er ist dazu aber nicht verpflichtet, stellte das Verfassungsgericht klar.CHRISTIAN RATH

Az: 1 BvR 472/14

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